Lutherische Metaphysik im Streit

Abstract

Die Dissertation "Lutherische Metaphysik im Streit Berichte von Calovs antisozinianischen Feldzügen" stellt im ersten Teil den geschichtlichen Hintergrund der Kontroverse zwischen der lutherischen Orthodoxie und dem Sozinianismus vor: Die Gestaltwerdung des Sozinianismus von den Wurzeln im Italien der Spätrenaissance bis hin zur Ausbildung des sozinianischen Kirchenwesens in Polen; das sozinianische Lehrsystem in seinen Hauptaussagen zu Religion, Offenbarung und Heiliger Schrift, zur Gotteslehre, zu Schöpfungslehre und Anthropologie, zur Person Christi, zum Werk Christi, zur Soteriologie und zur Eschatologie; und schließlich die lutherisch-orthodoxe Gegenwehr gegen das Auftreten der Sozinianer in Altdorf, Rostock, Königsberg und Preußen, in Danzig sowie in Wittenberg. Danach tritt Calov als Sozinianismusbekämpfer auf die Bühne. Entfaltet wird die dem Urteil der Zeitgenossen nach entscheidende Bedeutung Calovs für die akademische Entscheidung der Kontroverse für die lutherische Orthodoxie; Calov selber hat, besonders in der Frühzeit seines Wirkens, einen Großteil seiner Publikationen der Auseinandersetzung mit dem Sozinianismus gewidmet. Wichtig sind vor allem Calovs methodische Reflexionen über eine erfolgversprechende Widerlegung, d.h. eine vorurteilslose, an den Prinzipien des theologischen Urteilens, orientierte Widerlegung des Sozinianismus, die die Kriterien ihrer Urteile jederzeit offen legt. Der zweite Teil der Arbeit behandelt die Auseinandersetzung Calovs mit dem Sozinianismus über die Prinzipien der theologischen Erkenntnis, die Heilige Schrift und die natürliche Theologie. Zwischen den Kontrahenten ist besonders der Status der Heiligen Schrift als Wort Gottes und die Rolle der Vernunft in der Auslegung der Schrift umstritten. Die Kontroverse um die natürliche Theologie behandelt das Vorhandensein der theologia naturalis insita und acquisita sowie die in der binnenlutherischen Kontroverse wichtigen Positionen Flacius" (Ablehnung jeglicher theologia naturalis) und Hoffmann (These von der doppelten Wahrheit theologischer Sätze in Abhängigkeit vom "Erlösungsstatus" des Äußernden). Der dritte Teil traktiert die Erkenntnistheorie und die metaphysischen Methode Calovs. Nach einer historischen Einleitung zur "lutherischen" erkenntnistheoretischen Arbeit vor Calov (Jakob Martini, Georg Gutke, Valentin Fromme) werden Calovs erkenntnistheoretische Schriften, seine Gnostologie und Noologie, gründlich und textnah analysiert und hinsichtlich ihrer theologischen Voraussetzungen und Konsequenzen problematisiert. Auf knappe einleitende Bemerkungen zur Begründung der Metaphysik im Luthertum folgt die Darstellung von Calovs metaphysischer Methode und ihrer kontroverstheologischen Relevanz. Philosophische und theologische Rückfragen an dieses Konzept beschließen den Teil.