Die medizinische Betreuung von Pflegeheimbewohnern
Perspektiven und Bedürfnisse von Angehörigen
Medical care of nursing home residents
views and needs of relatives
von Juliane Langen
Datum der mündl. Prüfung:2016-11-30
Erschienen:2016-11-30
Betreuer:Prof. Dr. Eva Hummers-Pradier
Gutachter:PD Dr. Mark Schweda
Gutachter:Prof. Dr. Margarete Schön
Dateien
Name:Doktorarbeit JulianeLangen_20112016_eDiss_final.pdf
Size:2.03Mb
Format:PDF
Zusammenfassung
Englisch
Introduction: The rising number of persons needing care is increasingly being catered for by means of in-patient facilities in Germany. This growth brings new challenges with it, not least where medical care for the residents of nursing homes is concerned. Qualitative interviews with the stakeholders can provide insights into the status quo. This dissertation deals with the perspective of the relatives, who are often involved in the medical care and have a differentiated viewpoint on the quality of care. Questions: What are the experiences of the relatives of care home patients where medical care is concerned and how do they perceive the working partnership between physicians and care staff? Which of the tasks involved in medical care are performed by relatives? Methods: The dissertation is part of the qualitative, multi-centric study "INTERPROF - Interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation im Pflegeheim" (Interprofessional Working Partnerships and Communication in Nursing Homes). As part of the dissertation, 23 open-ended, guided interviews were conducted with 27 private individual stakeholders in 14 nursing homes in three regions of Germany. The interviews were evaluated based on the grounded theory method. Results: The involvement of relatives in medical care was deemed to be a key phenomenon. Relatives actively try to influence the medical care provided to residents. For example, they actively help with care and obtaining medicine and some of them initiate visits by family physicians, make appointments with consultants and accompany residents on their visits to practices. Involvement is also reflected in relatives' contact with family physicians. The reasons are varied and can be attributed to a feeling of responsibility for the resident or the resident's wish for the relatives to be involved, for example. Some relatives have a certain monitoring role which results inter alia in an emotional burden and can be very time consuming. It also conveys a certain reassurance that they have been informed of events and are able to influence them. Relatives are less involved, or want to be less involved, however, when they see for certain that medical care is being provided or the residents are still independent. They therefore feel that their load is reduced by their conscious decision to hand over responsibility to the care facility. Conclusions: Relatives of nursing home residents are important stakeholders when it comes to nursing homes and are frequently intensely involved in ensuring the wellbeing of the residents, including with regard to medical care. Patientcentric, regular medical care is a major concern. It appears desirable for decisionmakers in the homes and in the political arena to promote the acceptance and involvement of relatives. Establishing organizational structures in the home, for example by setting up a relatives group as a matter of course and giving greater consideration to relatives when it comes to medical decisions without this needing to be requested (given the consent of the resident) would also be well received. Moreover, their position on nursing home councils should be strengthened. The overarching aim would be to involve relatives in the work performed in nursing homes so that, ultimately, residents see benefits in terms of their medical care.
Keywords: relatives; medical care; nursing homes
Weitere Sprachen
Einleitung: In Deutschland wird die steigende Zahl pflegebedürftiger Menschen
zunehmend in stationären Einrichtungen versorgt. Dieser Zuwachs bringt neue
Herausforderungen, nicht zuletzt für die medizinische Versorgung der Pflegebedürftigen, mit sich. Qualitative Interviews mit beteiligten Akteuren können
Erkenntnisse zum „Status quo“ liefern. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit
der Perspektive der Angehörigen, da diese häufig in die medizinische Versorgung
eingebunden sind und einen differenzierten Blick auf die Versorgungsqualität
haben. Fragestellung: Welche Erfahrungen haben Angehörige im Pflegeheim mit der
medizinischen Versorgung gemacht und wie wird die Zusammenarbeit zwischen
Ärzten und Pflegekräften wahrgenommen? Welche Aufgaben übernehmen
Angehörige bei der medizinischen Versorgung? Methoden: Die Arbeit ist eingebettet in die qualitative, multizentrische Studie
„INTERPROF - Interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation im
Pflegeheim“. In drei Regionen Deutschlands wurden hier unter anderem 23 offene
Leitfadeninterviews mit 27 privaten Bezugspersonen in 14 Pflegeheimen
durchgeführt. Die Interviews wurden, angelehnt an die Methode der Grounded
Theory, ausgewertet. Ergebnisse: Als zentrales Phänomen wurde das „Einbezogensein“ der
Angehörigen in die medizinische Versorgung erarbeitet. Angehörige versuchen,
aktiv auf die medizinische Versorgung der Bewohner Einfluss zu nehmen. So
werden neben der aktiven Hilfe bei der Pflege und Medikamentenbeschaffung
zum Teil Hausarztbesuche initialisiert, Facharzttermine ausgemacht und
Bewohner bei deren Praxisbesuchen begleitet. Darüber hinaus zeigt sich
Einbezogensein durch den Kontakt der Angehörigen zum Hausarzt. Die Gründe
hierfür sind vielfältig und lassen sich etwa auf ein Verantwortungsgefühl für den Bewohner oder auch den Wunsch des Bewohners nach Beteiligung der
Angehörigen zurückführen. Angehörige üben zum Teil eine gewisse
„Kontrollfunktion“ aus, dies führt mitunter zu emotionaler und zeitlicher Belastung.
Es vermittelt andererseits eine gewisse Sicherheit, über Vorgänge informiert zu
sein und diese beeinflussen zu können. Angehörige sind jedoch weniger
„einbezogen“ oder wollen weniger „einbezogen“ werden, wenn sie die
medizinische Versorgung gewährleistet sehen oder die Bewohner noch
selbstständig sind. Folglich fühlen sie sich durch die bewusste
Verantwortungsabgabe an die Pflegeeinrichtung entlastet. Schlussfolgerungen: Angehörige von Pflegeheimbewohnern stellen eine
wichtige Personengruppe im Pflegeheim dar und bringen sich häufig intensiv,
auch hinsichtlich der medizinischen Versorgung, zum Wohle der Bewohner ein.
Wesentliche Anliegen sind eine patientenzentrierte, regelmäßige medizinische
Versorgung. Es erscheint erstrebenswert, die Akzeptanz und Einbeziehung der
Angehörigen durch die beteiligten Akteure im Heim und die Politik zu fördern.
Auch die Einrichtung von organisatorischen Strukturen im Heim, z. B. durch die
selbstverständliche Aufstellung eines Angehörigenkreises und die zunehmende
unaufgeforderte Berücksichtigung von Angehörigen in medizinischen
Entscheidungen (bei Einverständnis des Bewohner) wäre wünschenswert. Zudem
sollte ihre Position in Heimbeiräten gestärkt werden. Das übergeordnete Ziel wäre
es, Angehörige so in die Heimarbeit einzubeziehen, dass letztlich der Bewohner
hinsichtlich der medizinischen Versorgung profitiert.
Schlagwörter: Angehörige; Medizinische Versorgung; Pflegeheim