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Molekulargenetische Verwandtschaftsanalysen am prähistorischen Skelettkollektiv der Lichtensteinhöhle

dc.contributor.advisorHerrmann, Bernd Prof. Dr.de
dc.contributor.authorSchilz, Felixde
dc.date.accessioned2012-04-16T14:56:46Zde
dc.date.available2013-01-30T23:50:40Zde
dc.date.issued2006-05-23de
dc.identifier.urihttp://hdl.handle.net/11858/00-1735-0000-0006-ABC1-8de
dc.identifier.urihttp://dx.doi.org/10.53846/goediss-638
dc.description.abstractDie Prähistorische Anthropologie befasst sich mit den Lebensbedingungen und Lebensweisen der Menschen vergangener Zeiträume. Im Fokus der anthropologischen Forschung liegt dabei die Aufklärung verwandtschaftlicher Beziehungen, da komplexe Sozialstrukturen Einblicke in kulturhistorische Fragestellungen geben können. Der sichere Verwandtschaftsnachweis gelingt in der Anthropologie, seit der Aufnahme von ancientDNA-Analysen in die anthropologischen Arbeitsmethoden.Am Skelettkollektiv aus der Lichtensteinhöhle kann gezeigt werden, wie Ableitungen aus molekulargenetischen Verwandtschaftsanalysen maßgeblich bei der Interpretation von anthropologischen und archäologischen Fragestellungen helfen können. Die Lichtensteinhöhle in Südniedersachsen ist eine der herausragenden bronzezeitlichen Fundplätze Deutschlands. In der Höhle wurden Skelettüberreste gefunden, welche von den Archäologen auf 3000 Jahre datiert werden konnten. Die Skelette befanden sich nicht mehr in ihrem anatomischen Verband, sondern lagen in einem sehr stark dislozierten Zustand vor, was die Zuordnung der Knochenelemente zu einem bestimmten Individuum aus morphologischer Sicht nicht zuließ. Gingen die Archäologen aufgrund der Fundsituation in der Höhle anfangs von einer rituellen Menschenopferstätte aus, schlagen die molekulargenetischen Verwandtschaftsanalysen ein anderes prähistorisches Geschehen vor. In dieser Studie wurden, an vorwiegend cranialen Skelettelementen, d.h. Zähne und Felsenbeinen, umfangreiche DNA-Typisierungen durchgeführt. Diese hatten zum Ziel, die einzelnen Skelette der Lichtensteinhöhle zu individualisieren und einen möglichen verwandtschaftlichen Bezug zwischen ihnen aufzuklären. Für diese Analysen wurden etablierte forensische DNA-Markersysteme untersucht, d.h. autosomale STRs (=genetischer Fingerabdruck), Y-chromosomale STRs (=Y-Haplotypisierung) sowie mitochondriale HVR I und II-Abschnitte (=mt-Haplotypisierung). Die Ergebnisse aus diesen Analysen ergaben eine Mindestindividuenzahl von 40. Innerhalb des Skelettkollektivs konnten zwei Familiengruppen, mit acht und sieben Individuen, nachgewiesen werden, welche sich über drei Generationen erstrecken. In zwei weiteren Fällen wurden sog. Defizienzfälle, d.h. Familien in denen ein Elternteil fehlt, ermittelt. Die Ergebnisse der Y- und mt-Haplotypisierungen, welche familientypische und generationsübergreifende Muster anzeigen, halfen bei der genealogischen Rekonstruktion und verknüpften mehr als die Hälfte der Individuen zu einer Großfamilie. Darüber hinaus ließen sich zwei weitere Kleingruppen identifizieren, deren jeweilige Individuen ebenfalls in einem verwandtschaftlichen Verhältnis, z.B. Geschwister, zueinander stehen. Die Ergebnisse der Verwandtschaftsrekonstruktion legen Nahe, dass die Lichtensteinhöhle als Bestattungsplatz von einem weit verzweigten Familienclan genutzt wurde. Die Authentizität der Ergebnisse wird dabei, durch die Bestimmung des genetischen Fingerabdruckes, auf einem sehr hohen Niveau gesichert. Die ermittelte Verwandtschaftsstruktur der Gruppe gibt darüber hinaus Einblicke in deren soziale Organisation. Es konnte geschlussfolgert werden, dass die Kernfamilie, bestehend aus beiden Elternteilen und Kindern, auch in der Bronzezeit eine herausragende Bedeutung hatte und das für die Sozialgemeinschaft das Verwandtschaftskonzept der kognaten Deszendenz verwirklicht sein sollte. Aus dem direkten Vergleich der Variabilität ihrer maternalen und paternalen Linien konnte ein patrilokales Residenzverhalten der Gruppe bestimmt und damit auf ein patrilokales Heiratssystem geschlossen werden. Zusätzlich konnten Hinweise zur überregionalen Herkunft einzelner Familienlinien, z.B. in einem Fall nach Osteuropa, gefunden werden. In zusätzlichen wissenschaftlichen Projekten sind an weiteren Skelettelementen genetische Fingerabdrücke generiert worden. Die Aufgabe bestand darin, die Skelettelemente den einzelnen Individuen zuzuordnen und somit die topographische Verteilung der Knochen in der Höhle aufzuzeigen, um Hinweise zum prähistorischen Eingang der Höhle und zur zeitlichen Ablagereihenfolge der Toten zu finden. Es konnte geschlussfolgert werden, dass die meisten Individuen ursprünglich im größten Höhlenabschnitt, dem Bernd-Saal, bestattet wurden und anschließend einige Individuen von dort in die hinteren Höhlenabschnitte verlagert wurden. Der ursprüngliche Eingang in die Höhe ist nach dieser Ergebnislage in der Nähe des Bernd-Saals zu vermuten. Des Weiteren sollten hier auch die letzten Leichen niedergelegt worden sein. Die herausragend gute DNA-Erhaltung der 3000 Jahre alten Knochen, die Analysen chromosomaler Marker erlaubt, ermöglichte in den letzten Jahren wissenschaftliche Studien, die das Skelettkollektiv als herausragendes genetisches Archiv ausweisen. Neben dem immungenetischen Marker CCR5 und dem Zytokin Interleukin-6, wurden Arbeiten zur Laktose(in)toleranz, Mukoviszidose, hereditären Hämochromatose sowie zur molekulargenetischen Blutgruppenbestimmung durchgeführt. Die Zusammenfassung dieser Forschungsarbeiten geben einen Einblick in die Lebensbedingungen dieser prähistorischen Population.de
dc.format.mimetypeapplication/pdfde
dc.language.isogerde
dc.rights.urihttp://webdoc.sub.gwdg.de/diss/copyr_diss.htmlde
dc.titleMolekulargenetische Verwandtschaftsanalysen am prähistorischen Skelettkollektiv der Lichtensteinhöhlede
dc.typedoctoralThesisde
dc.title.translatedMolecular genetic kinship analyses of the prehistoric skeletal collective from the Lichtenstein cavede
dc.contributor.refereeHerrmann, Bernd Prof. Dr.de
dc.date.examination2006-05-02de
dc.subject.dnb570 Biowissenschaften, Biologiede
dc.description.abstractengThe prehistoric anthropology is concerned with living conditions and way of life of historical populations. In particular, kinship analyses are in focus of anthropological research studies, because complex social structures can answer historico-cultural questions. The positive verification of relationship is successful in anthropology since the application of ancientDNA analyses. The skeletal collective from the Lichtenstein cave shows how conclusions from molecular genetic kinship analyses can considerably help with the interpretation of anthropological and archaeological questions.The Lichtenstein cave (Lower Saxony, Germany) is one of the outstanding Bronze Age archaeological sites of Germany. In the cave skeletal remains were found, which could be dated by archaeologists to an age of 3000 years. Due to the fact that the site was severely disturbed and skeletal remains dislocated, direct assignment of single elements to one certain individual was not possible by morphological methods. Because of the given situation, the archaeologists assumed that the Lichtenstein cave was a site of human sacrifice. Now molecular genetic kinship analyses suggest a different explanation. In this study, extensive DNA typing analyses were carried out on predominantly cranial skeletal elements, i.e. teeth and partes petrosae. These analyses had the aim to individualize the skeletons from the Lichtenstein cave and discover possible familial relationships between them. Therefore, established forensic DNA markers were investigated, i.e. autosomal STRs (=genetic fingerprinting), Y-chromosomal STRs (=Y-haplotyping) and parts of the mitochondrial HVS I and II (=mt-haplotyping). The acquired data distinguished a minimum of 40 individuals. Within the skeletal collective two family groups (with eight and seven individuals) could be investigated, which both extend over three generations. Additionally, two single-parent families were determined. The results from Y- and mt-haplotyping, which indicate family-typical and generation-spreading patterns, linked more than half of the individuals to one extended family. Beyond that, two additional groups could be identified, whose respective individuals are related, e.g. siblings. The outcome of the genealogical reconstruction supports that the Lichtenstein cave was used as a burial site by a branching out family clan. The authenticity of the results is ensured on a very high level by the determination of genetic fingerprints. The relationship structure gives insights to the social organization of the population. It could be concluded that the family, consisting of parents and children, had an outstanding meaning also in the Bronze Age. Furthermore, for the social community the relationship concept of cognatic descent should exist. The direct comparison of the variability of the maternal and paternal lines points to a patrilocal residence pattern. This also indicates a patrilocal marriage system. Additionally references to the supra-regional origin of individual family lines could be found, e.g. in one case Eastern Europe. In additional scientific projects genetic fingerprints of further skeletal elements were generated, in order to assign them to each individual and depict the topographic distribution of the bones in the cave. These results provide information about the prehistoric entrance of the cave and the chronological order in which the individuals were laid down in the cave. It can be concluded that originally most of the individuals were buried in the largest cave section, i.e. the Bernd-Saal, and later on some of them were moved into posterior cave sections. The original entrance is assumed in proximity to the Bernd-Saal. Moreover, the last bodies should have been laid down here. The DNA preservation of the 3000 year old bones is well suited for analyses of chromosomal markers. This in the last years made scientific studies possible, which characterize the skeletal collective as an important genetic archive. Meanwhile, scientific studies to the immunogenetic marker CCR5, the cytokine IL-6, lactase persistence, cystic fibrosis, hereditary haemochromatosis and AB0 blood groups were carried out. The summary of these research studies allow a view of the living conditions on this prehistoric population.de
dc.contributor.coRefereeWillmann, Rainer Prof. Dr.de
dc.subject.topicMathematics and Computer Sciencede
dc.subject.gerLichtenstein Höhlede
dc.subject.gerBronzezeitde
dc.subject.germenschliche Knochende
dc.subject.gerVerwandtschaftsrekonstruktionde
dc.subject.gerancient DNAde
dc.subject.geraDNAde
dc.subject.gerDNA Typisierungende
dc.subject.gerautosomale STRsde
dc.subject.gerY-chromosomale STRsde
dc.subject.germtDNA-Haplotypisierungde
dc.subject.engLichtenstein cavede
dc.subject.engBronze Agede
dc.subject.enghuman bonesde
dc.subject.engkinship reconstructionde
dc.subject.engancient DNAde
dc.subject.engaDNAde
dc.subject.engDNA typingde
dc.subject.engautosomal STRsde
dc.subject.engY-chromosomal STRsde
dc.subject.engmtDNA haplotypingde
dc.subject.bk30de
dc.subject.bk42de
dc.identifier.urnurn:nbn:de:gbv:7-webdoc-728-9de
dc.identifier.purlwebdoc-728de
dc.affiliation.instituteBiologische Fakultät inkl. Psychologiede
dc.subject.gokfullRAde
dc.subject.gokfullWde
dc.identifier.ppn573775869de


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