Die Symptomatik der Klienten der Ärztlich-Psychologischen Beratungsstelle für Studierende der Georg-August-Universität Göttingen Ein Vergleich von 4 Jahrgangskohorten (1971-1981-1991-2001)
The symptoms of the clients of the psychotherapeutic counseling center for students at the Georg-August-University Goettingen A comparison of 4 cohorts (1971-1981-1991-2001)
von Irma Ebeling
Datum der mündl. Prüfung:2011-05-16
Erschienen:2011-05-11
Betreuer:Prof. Dr. Dr. Günter Reich
Gutachter:Prof. Dr. Aribert Rothenberger
Gutachter:Prof. Dr. Patricia Virsik-Köpp
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Format:PDF
Description:Dissertation
Zusammenfassung
Englisch
Background and objective background: The inclusion of a higher education is a transition period of life, which then as now, requires a number of psychosocial adjustment processes of young adults. The objective of this research was a comparison of the socio-demographic and study-specific characteristics, as well as the symptoms of the clients at the psychotherapeutic counseling center of the Georg-August University Goettingen within 4 year cohorts (1971, 1981, 1991 and 2001). Methodology: All students of the different cohorts (n=808) were interviewed with standardized questionnaires (social-questionnaire, Gießen-test, questionnaire to evaluate the risk of suicide, test anxiety-questionnaire). An additional survey of the therapists was conducted after the initial meeting to assess the prognosis and symptoms of the students. The cohorts are composed as follows: In cohort 1 (SS 1971 and WS 1971/72) 182 patients are newly registered, in cohort 2 (SS 1981 and WS 1981/82) there are 239 clients and in cohort 3 (SS 1990 and WS 1990/91) 177 clients. Cohort 4 (SS 2000 and WS 2000/01) includes 210 clients. Empirial Results: With regard to socio-demographic and study-specific characteristics, an increase in age, number of semesters and the number of long-term students across all cohorts could be observed. The clientele of the counseling center included a disproportionate number of female students as well as students of the faculty of philosophy. In the cohort 4 from 2000 and 2001 we noticed a significant increase in the number of student clientel of the faculty of economics and social sciences. In the self-assesment by the Gießen-test the affected students showed an overall negative social resonance as well as tendency for a dominant behaviour. Their self-image was often influenced by perceived hypocontrolle, seclusion and social incompetence and not infrequently the mood of the students was affected by depression. In the assessment by the therapist the most common symptoms were depressive mood, disturbance of self-worth, contact difficulties as well as partnership problems. The study-specific problems such as learning disorders and work disorders were less frequent. In the temporal summary, there were significant differences between the cohorts. The symptom frequency of depressive mood nearly doubled in the time between cohort 1 (24,1%) and cohort 4 (53,8%) (p 0,001).The therapists noticed a disturbance of self-worth in approximately 50% of the students included in cohort 4 (2000 and 2001), this event was much less frequent in previous years (25,1%)(p 0,01). Conclusions/Interpretation: Mental health problems, particularly depressed mood and disturbance of self-worth increased under students at the counseling center Goettingen. This might be associated with a general increase of pressure on students. Psychotherapeutic counseling centers play an important role in the supply of students with mental health disorders and provide important support to the positive management of maturation crises. The pathologies among students have changed in part, an adjustment in the offers of counseling centers might be derived from this. Further studies are needed to monitor future developments, and also to raise the attention to the special problems of students in public and at the university.
Keywords: Psychotherapeutic counseling center; depressive symptoms; late adolescence
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Hintergrund und Fragestellung: Die Aufnahme eines Hochschulstudiums ist eine Transitionsphase, die früher wie heute zahlreiche psychosoziale Anpassungsprozesse von jungen Erwachsenen erfordert. Ziel der vorliegenden Untersuchung war ein Vergleich der soziodemographischen und studienspezifischen Charakteristik, sowie der Symptomatik der Klienten der Ärztlich-Psychologischen Beratungsstelle der Georg-August-Universität Göttingen innerhalb von 4 Jahrgangskohorten (1971, 1981, 1991 und 2001). Methodik: Alle Studierenden, die sich zu den verschiedenen Kohortenzeitpunkten in der Ärztlich-Psychologischen Beratungsstelle für Studierende der Universität Göttingen neu anmeldeten (n=808), wurden mittels standardisierter Fragebögen (Sozialbogen, Gießen-Test, Fragebogen zur Beurteilung der Suizidgefahr, Prüfungsangst-Fragebogen) zu ihren Sozial- und studienspezifischen Daten, sowie Selbsteinschätzung/Persönlichkeitseigenschaften vor dem Erstgespräch befragt. Nach dem Erstgespräch erfolgte zusätzlich eine Erhebung der Therapeuten zur Einschätzung der Prognose und Symptomatik der Studierenden. Die Kohorten setzen sich wie folgt zusammen: In Kohorte 1 (SS 1971 und WS 1971/72) haben sich 182 Patientinnen und Patienten neu angemeldet; in Kohorte 2 (SS 1981 und WS 1981/82) sind es 239 Klienten und in Kohorte 3 (SS 1990 und WS 1990/91) 177 Klienten. Zur Kohorte 4 (SS 2000 und WS 2000/01) gehören 210 Klienten. Ergebnisse: Hinsichtlich der soziodemographischen und studienspezifischen Charakteristik konnten als prägnante Ergebnisse die kontinuierliche Zunahme des Alters, der Anzahl der Hochschulsemester der Studierenden und Anzahl an Langzeitstudierenden über alle Kohorten festgestellt werden. Darüber hinaus wurde deutlich, dass zur Klientel der Beratungsstelle überproportional viele weibliche Studierende sowie Studierende der Philosophischen Fakultät gehörten. In der Kohorte 4 aus den Jahren 2000 und 2001 fiel zudem ein deutlicher Zuwachs der studentischen Klientenzahlen aus den Wirtschafts- und Sozialwissenschaftsfakultäten auf. In der Selbsteinschätzung mittels des sogenannten Gießen-Tests zeigten die betroffenen Studierenden insgesamt eine negative soziale Resonanz sowie ein tendenziell dominantes Verhalten: Ihre Eigenwahrnehmung war häufig geprägt von gefühlter Unterkontrolliertheit, Verschlossenheit und sozialer Inkompetenz; nicht selten war die Grundstimmung der betroffenen Studierenden durch depressive Züge gezeichnet. In der Einschätzung durch die Therapeuten überwogen ebenfalls Symptome wie depressive Verstimmung, Störung des Selbstwertgefühles, Kontaktschwierigkeiten sowie Partnerschaftsprobleme. Studienspezifische Probleme wie Lern- und Arbeitsstörungen hingegen folgten erst im Mittelfeld. In der zeitlichen Übersicht gab es signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Kohorten: Das Symptom depressive Verstimmung hat sich unter der Klientel von Kohorte 1 (24,1%) auf Kohorte 4 (53,8%) mehr als verdoppelt (p 0,001). Bemerkten bei der zeitlich letztliegenden Kohorte 4 aus den Jahren 2000 und 2001 die Therapeuten bei fast der Hälfte der Klientel Störungen des Selbstwertgefühles, so war dies in den Jahren zuvor wesentlich seltener der Fall (25,1%) (p 0,01). Schlussfolgerungen: Psychische Probleme, insbesondere depressive Verstimmung und vermindertes Selbstwertgefühl nehmen unter Studierenden der Beratungsstelle zu und können möglicherweise auch im Zusammenhang mit einem zunehmenden Effizienzdruck an Studierende in unserer Leistungsgesellschaft gedeutet werden. Psychotherapeutische Beratungsstellen spielen eine wichtige Rolle in der Versorgung von Studierenden mit psychischen Störungen und bieten eine wichtige Unterstützung zur positiven Bewältigung von Spätadoleszenten Reifungskrisen. Die Symptomatiken unter Studierenden haben sich teils verändert, eine Anpassung im Angebot der Beratungsstelle kann von dieser Studie abgeleitet werden. Weitere Studien sind notwendig, um Entwicklungen strukturiert zu beobachten, und auch um auf die speziellen Probleme von Studierenden in der Öffentlichkeit und an der Universität weiter aufmerksam zu machen.
Schlagwörter: Psychotherapeutische Beratungsstelle für Studierende; depressive Verstimmung; Spätadoleszenz