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Wechselwirkungen zwischen entdolithischen Biofilmen und Karbonatgesteinen in alpinen Gebieten Mitteleuropas

dc.contributor.authorPohl, Wolfhartde
dc.date.accessioned2001-11-07T15:25:46Zde
dc.date.accessioned2013-01-18T11:25:25Zde
dc.date.available2013-01-30T23:50:14Zde
dc.date.issued2001-11-07de
dc.identifier.urihttp://hdl.handle.net/11858/00-1735-0000-0006-B359-8de
dc.description.abstractNahezu alle natürlichen Karbonat-Gesteinsoberflächen sind ubiquitär endolithisch (meist euendolithisch) durch Mikroorganismen wie Cyanobakteien, Grünalgen, Pilze und Flechten besiedelt. Epilithisch besiedelte oder unbesiedelte, rein anorganische Felsoberflächen sind Ausnahmefälle und beruhen oft auf speziellen ökologischen, oft anthropogen gestörten Situationen. Frische Karbonatgesteinsoberflächen, etwa in einem Gletscherrückzugsgebiet in Österreich (Dachsteingruppe), zeigen schon nach 15 Jahren differenzierte endolithische Lebensgemeinschaften und nach 100 bis 150 Jahren bereits eine flächendeckende endolithische Besiedlung. Fast alle endolithischen Biofilme auf Karbonatgesteinen zeigen eine ähnliche interne Morphologie, auch wenn das Aussehen der äußeren, ''scheinbaren'' Gesteinsoberfläche stark unterschiedlich ausfällt: Unter einer residualen, schützenden Schicht von Substrat leben, meist innerhalb eines eng gefaßten Tiefenbereiches (150-200 µm unterhalb der Gesteinsoberfläche), neben den Pilzen die Photobionten. Sie sind an trockenen, lichtreichen Standorten oft zusätzlich durch Pigmentierungen und mit phototaktisch ausgerichteten EPS-Verdickungen gegen Strahlungs- und Matrixstress geschützt. Innerhalb der Photobiontenschicht findet, unter Einbeziehung von Bakteien als Destruenten, ein kontinuierliches Zellrecycling statt. In Richtung Gesteinsinners folgt das anfangs dichte, weiter innen allmählich ausdünnende Hyphengeflecht des Mycobionten (i.e. des Pilzes). Dessen Hyphen penetrieren das Substrat of mehrere Millimeter tief. Sowohl hinsichtlich der Intensität als auch Verteilung der Biomasse wurden deutliche , regional und klimatisch bedingt, aber auch lokale expositions- und altersabhängige Unterschiede festgestellt. Temperatur, Licht- und Wasserverfügbarkeit sind dabei offenbar die Hauptfaktoren. Hinweise auf eine biogene Entfestigung der Oberfläche durch Abgrusen, Abschuppen oer Abplatzen analog siliziklastischen Sedimentgesteinen konnte aufgrund morphologischer Kriterien an Karbonatoberflächen nicht beobachtet werden. Geochemie Geochemisch zeigen die endolithischen Biofilme gegenüber dem Substrat deutlich erhöhte Konzentrationen der Elemente A1, Cd, Fe, K, Mn, Mo, Pb, Sc, Ti und Zn. Die Elemente im Substrat verteilen sich ungleich auf das Karbonatgitter und schwerer lösliche, detritische Tonmineral-Komponenten. Das hat Konsequenzen für die Vefügbarkeit der Elemente für den biofilm: Eher im Karbonatgitter steckende Elemente (z.B. Ca, Mg, Na, Cd undCo) werden bei der Erschließung der euendolithischen ökologischen Nische in jedem Fall mobilisiert. Die eher an schwerer lösliche detritische Komponenten gebunden Elemente (z.B. K und Fe) stehen bei der Auflösung des Karbonatgitters nicht unbedingt zur Verfügung. Die Al-normierten anreicherungsfaktoren gegenüber den spezifischen Substraten sind für die Elemente Cd, K, Pb und Zn am deutlichsten. Für diese Elemente kann auf weitgehend esterne Einträge in den Biofilm geschlossen werden. Über den Vergleich zweier Probengruppen (Provence und übrige Arbeitsgebiete), deren Elementkonzentrationen von Cu, Fe, K, Mn, Pb und Zn im Gestein deutliche Unterschiede (Faktor 10 bis 100) aufweisen, wurde der geochemisch nivellierende Effekt endolithischer Biofilme auf Karbonatoberflächen nachgewiesen. Vor allem Pb ist in den Biofilmen der Provence - trotz wesentlich höherer Gehalte im Substrat - nicht wesentlich höher konzentriert als in den übrigen Proben, deren Substrate z. T. nur Hundertstel der Provence-Konzentrationen erreichen. Hingegen weisen die Biofilme der Provence, trotz deutlich geringer K-Konzentrationen der Gesteine, die gleichen Konzentrationen des Nährstoffelements K auf wie die Biofilme aus den übrigen Arbeitsgebieten, deren Substrate deutlich mehr K enthalten. Hiermit kann belegt werden, dass - Biofilme die Fähigkeit besitzen, potentiell toxische Elemente aus ihrem Lebensbereich, besonders ihrer Biomasse, fernzuhalten und - Biofilme in der Lage sind, Nährstoffelemente selektiv aus der Atmosphäre anzureichern. Über Sedimente des Attersees als geochemischem Archiv konnte der anthropogene atmosphärische Eintrag (als für nordalpine Karbonatoberdlächen relevanter Mindesteintrag) der letzten 150-180 Jarhe abgeschätzt werden. Die Elementvorräte von Cd, Pb und Zn in den Seesedimenten liegen jeweils mindestens um den Faktor 100 über denen in endolithischen Biofilmen. Dies ist ein Hinweis darauf, daß ein Großteil des eingetragenen Elementangebotes von den Biofilmen gar nicht erst aufgenommen wird. Grundsätzlich steht den Lithobionten über den atmosphärischen Pfad ein überreiches, gut vergügbares (weil teilweise in den Niederschlägen gelöstes) Elementangebot zur Verfügung, das sie nur zu Bruchteilen benötigen und nutzen. Aus detaillierten Untersuchungen nahe dem Salzburger Hochthron (Untersberg, Österreicht) geht hervor, daß die Hauptsenke im unmittelbaren Umfeld der Karbonatoberflächen die Böden sind. Vor allem die in Böden unterhalb von Kalkoberflächen deutlich erhöhten Gehalte der technogenen Elemente Cd, Pb und Zn belegen, daß der Großteil der auf die Gesteinsoberfläche eingetragenen Elemente oberflächlich weiter transportiert und erst im Boden endgültig deponiert wird. Ein Vergleich der Elementkonzentrationen von atmosphärischen Einträge, detritischen Partikeln aus den Karbonaten und Böden deutet darauf hin, daß zur Bodenbildung hauptsächlich atmosphärische Einträge und nicht aus dem Kalkstein mobilisierte detritische Phasen beitragen. Bei einer massiven, biogenen Karbonatverwitterung müßten größere Mengen an detritischen Partikeln freigesetzt werden. Der Anteil ''kalkbürtiger'' detritischer Partikel an der Bodenbildung am Untersberg ist allerdings gering, der Hautpanteil ist atmosphärisc! her Herkunft. Das deutet darauf hin, daß die anstehenden Kalke nur langsam gelöst werden, die Karbonatoberflächen also essentiell stabil sein müssen. Angesichts der guten Löslichkeit von Kalk, besonders bei niedrigen pH-Werten des Niederschlags, geht die stabilisierende, d.h. protektive Wirkung sehr wahrscheinlich von den Biofilmen aus. Hinsichtlich ihrer Anreicherungsfaktoren (gegenüber einem mittleren Tonstein) sind endolithische Biofilme qualitativ sehr sensible (Bio-)Indikatoren technogener Umwelteinflüsse. Umweltfaktoren Bei der initialen Kolonisation unbesiedelter Kalkstein-Oberflächen durch endolithische Lithobionten liegt ein logaritmischer Zusammenhang zwischen endolithischer Biomasse und Oberflächenalter vor. Allerdings zeigt dieser Trend hohe Varianzen, da neben dem Oberflächenalter noch andere, oft mit geringster Raumauflösung stark variierende Faktoren (z.B. die Wasserverfügbarkeit) eine wichtige Rolle spielen. Gute Korrelationen mit dem Oberflächenalter zeigen auch organisch Säuren (v.a. die in signifikanten Mengen gemessene und dominatne Oxalsäure). Für zwei unabhängige Probenkollektive (Großer Gosau- und Schneelochgletscher, Dachstein) wurde ein klarer Zusammenhang zwischen Oberflächenalter und sinkendem Verhältnis von Oxal- zu Maleinsäurekonzentrationen festgestellt. Die innere Morphologie euendolithischer Biofilme entwickelt sich mit steigendem Alter hin zu einer 150-300 µm unter der Gesteinsoberfläche sitzenden, klar umgrenzten Photobiontenschicht und einem darunter liegenden Pilzmycel. Daraus resultiert eine mit steigenden Expositionsaltern spitzere, weniger symmetrische Biomass-Verteilung. Auf ''reifen'' Standorten ist die Biomasse klar von der Expositionsrichtung und regionalen klimatischen Verhältnissen abhängig. Bei den geochemischen Eigenschaften der Gesteinoberflächen zeigen die Al-normierten Anreichungsfaktoren über einen mittleren Tonstein schwache Korrelationen mit dem Alter. Die gleichbleibenden oder abnehmenden Elementkontentrationen bei zunehmendem Alter (z.B. für Cu, Fe, Mn) werden als Hermmung der Elementanlagerung durch die Biofilme gewertet. Möglicherweise spielt auf jungen, wenig besiedelten Oberflächen auch eine relativ rasche, anorganisch geprägte Auflösung der Karbonate eine bedeutende Rolle. Deutliche korrelative Trends lassen sich am Untersberg (Österreich) für die Anreicherung der technogenen Elemente Cd, Cu, Pb und Zn in Abhängigkeit von der Hähenlage erkennen. Hier paust sich die lokale Immissions-Situation (mit der Höhenlage steigende Niederschläge und Elementeinträge) in die endolithischen Biofilme durch, welche ein graduelles, höhenspezifisches Anreichungsmuster zeigen. Beim Vergleich zwischen besiedelten und unbesiedelten Oberflächen ist bei den lithogenen Elementen die Dominanz von K, Fe und Al auf den besiedelten Oberflächen am augenfälligsten. Bei den technogenen Elementen sind es Cd, Pb und Zn, die auf besiedelten Oberflächen in höheren Konzentrationen vorliegen als auf unbesiedelten. Umgekehrt verhalten sich hingegen Co, Cr und Cu. Klare artspezifische Anreichungesmuster (''geochemische Fingerabdrücke'') konnten bislang nicht nachgewiesen werden. Quintessenz Physiologisch bzw. als Nährstoffquelle benötigen endolithische Biofilme die Elemente aus dem Substrat nicht. Das Karbonatgestein dient ihnen lediglich als Behausung, ihr gesamter Metabolismus ist mit Gasen, Wasser und Elementen aus externen Quellen bestreitbar. Ihr Verhältnis zum Substrat ist demnach nur auf dessen mechanische Schutzfunktion ausgerichtet, ähnelt also in etwa dem eines Einsiedlerkrebses zu seiner Wohnschnecke. Die auf diese Beziehung zum Substrat adaptierte ''Lebensstrategie'' endolithischer Biofilme beinhaltet zwar initial eine rasche Erschließung des Gesteinsinneren, die mit entspechenden Massenverlusten im Substrat verbunden ist. Sobald sich der euendolithische Biofilm aber mit den klimatischen, ökologischen und geochemischen Bedingungen im Gleichgewicht befindet, verhält er sich essentiell konservativ, um seine Nische nicht durch weitere Ausbreiterung zu zerstören. Diese Lebensstrategie bewirkt einen eher protektiven Einfluß euendolithischer Biofilme auf ihre karbonatischen Substrate.de
dc.format.mimetypeapplication/pdfde
dc.language.isogerde
dc.rights.urihttp://webdoc.sub.gwdg.de/diss/copyrdiss.htmde
dc.titleWechselwirkungen zwischen entdolithischen Biofilmen und Karbonatgesteinen in alpinen Gebieten Mitteleuropasde
dc.typedoctoralThesisde
dc.contributor.refereeSchneider, Jürgen Prof. Dr.de
dc.date.examination2000-04-18de
dc.subject.dnb550 Geowissenschaftende
dc.contributor.coRefereeRuppert, Hans Prof. Dr.de
dc.subject.topicMathematics and Computer Sciencede
dc.subject.gerCarbonatgesteinde
dc.subject.gerGesteinsoberflächede
dc.subject.gerBiofilmde
dc.subject.gerWechselwirkungde
dc.subject.bk38.29de
dc.subject.bk38.32de
dc.subject.bk38.95de
dc.identifier.urnurn:nbn:de:gbv:7-webdoc-926-4de
dc.identifier.purlwebdoc-926de
dc.affiliation.instituteFakultät für Geowissenschaften und Geographiede
dc.subject.gokfullVK 600: Grenzgebiete. Beziehungen. Einflüsse. Wirkungen {Petrologie}de
dc.subject.gokfullVJE 200: Geochemie Lebender Materiede
dc.subject.gokfullVBS 000: Umweltgeologiede
dc.identifier.ppn320949273


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