Die Wirkung ionisierender Strahlung auf die elektromechanische Kopplung und den intrazellulären Ca2+-Haushalt in isolierten Herzmuskelzellen

Abstract

Einleitung: Im Rahmen von strahlentherapeutischen Therapieverfahren von Tumoren im Brustbereich (z.B. mediastinales Hodgdkin-Lymphom, Bronchial-, Mamma-, Ösophagus und Magen-Karzinom) kann neben dem Tumor auch das Herz ionisierender Strahlung exponiert werden. Je nach Lage und Stadium des Tumors kann die Strahlenbelastung des Herzens bis zu 60 Gy betragen. Epidemiologische Daten zeigen langfristig eine erhöhte Inzidenz von Herzinsuffizienzen nach kardialer Strahlenexposition. Experimentell ist bisher hauptsächlich eine indirekte Schädigung des Herzens über die Koronarien bekannt. Eine direkte Wirkung auf die Herzmuskelzelle ist bislang nicht untersucht worden, weshalb sich diese Arbeit der direkten Wirkung ionisierender Strahlung auf das Myokard widmen soll. Methoden: Ventrikuläre Herzmuskelzellen aus Mäuseherzen (N=19) wurden verschiedenen Dosen ionisierender Strahlung exponiert (0, 4, 20 Gy). Im Anschluss wurde mittels Inkubation mit einem redoxsensitiven Fluoreszenzfarbstoff (CM-H2-DCFDA) an einem Ion Optix Epifluoreszenzsetup die Radikalbelastung bestimmt. Die elektrophysiologischen Experimente wurden 20 Minuten nach Bestrahlung mit Hilfe des Fluoreszenzfarbstoffs Fura-2 AM durchgeführt. Ergebnisse: Ionisierende Strahlung übte einen dosisabhängig positiv inotropen und lusitropen Effekt auf isolierte Herzmuskelzellen aus. Dies wurde in einem Anstieg des diastolischen Ca2+, der Ca2+-Transienten-Amplituden, der fraktionellen Ca2+-Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum, einer Relaxationsbeschleunigung und Kontraktionsverstärkung evident. Diese Wirkung basierte auf einer Generierung von Radikalen (ROS), deren Konzentration durch den Radikalfänger Melatonin vermindert werden konnte. Ebenso ließ sich durch Melatonin auch die positiv inotrope/lusitrope Wirkung auf Herzmuskelzellen vermindern. Eine Hemmung der redoxsensitiven Ca2+/Calmodulin-abhängige Proteinkinase II (CaMKII), zeigte, dass die positiv inotrope/lusitrope Wirkung auf Ca2+-Haushalt und Kontraktion der Kardiomyozyten durch eine CaMKII-Aktivierung mitverursacht wurde. Zusammenfassung/Fazit: Die kardiologische Forschung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass eine chronische CaMKII-Aktivierung zu Herzinsuffizienz und zu Arrhythmien führen kann. Diese Arbeit zeigt nun, dass in die klinisch bekannten Komplikationen nach Strahlenexposition des Herzens möglicherweise eine strahlungsinduzierte CaMKII-Aktivierung involviert sein könnte. Zudem zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit, dass eine selektive CaMKII-Inhibition ein eventueller therapeutischer Ansatz für kardiale Komplikationen strahlentherapeutischer Therapieverfahren darstellen könnte.