Strafwirkungen und Rückfall - Lässt sich mit Hilfe prozesserzeugter Daten der Strafrechtspflege der spezialpräventive Anspruch des Strafrechts prüfen?
Effects of Punishment and Reconviction – Is it Possible to Evaluate the Prevention of Recidivism on the Basis of Criminal Record Data?
von Sabine Hohmann-Fricke
Datum der mündl. Prüfung:2013-06-06
Erschienen:2014-06-10
Betreuer:Prof. Dr. Dr. Jörg-Martin Jehle
Gutachter:Prof. Dr. Steffen Kühnel
Gutachter:Prof. Dr. Karin Kurz
Dateien
Name:Hohmann_Fricke_2014.pdf
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Format:PDF
Zusammenfassung
Englisch
Individual prevention – meant as the reduction of recidivism via rehabilitation, deterrence and incapacitation – is seen as one of the most important tasks of criminal justice. In contrast to this the labeling approach assumes negative effects of punishment in form of strengthening the deviant behavior. There is no clear evidence whether the criminal justice in Germany has such negative or positive effects. Criminological studies on the effects of treatment do not present unequivocal results. In addition, most of them have temporal and regional limits. The project presented here has studied the question if the object of criminal justice to influence the individual prevention can be empirically proved on the basis of data from the federal national register of criminal records. The study is based upon data and analyses presented in the framework of the so called “Legalbewährungsuntersuchungen” (reconviction studies) 1994-1998 and 2004-2007. The descriptive results of these studies are critically reviewed. Through applying quasi-experimental and multi-factorial methods the data analysis is refined where it seems necessary and reasonable. Thus the effects of person and offence related predictors are controlled in order to isolate the effects of sanctioning. Additionally the time-period of (non)reconviction after different forms of sanctions are described and differentiated through event analyses. The results demonstrate a weak, but independent effect of sanctioning even when controlling other predictors. The majority of cases show smaller (monthly) reconviction rates after less punitive ambulant sanctions than after more severe sanctions. But the conclusion of negative effects of punishment is premature. In this respect further and differentiate analyses of more homogeneous groups of offenders and regional comparisons are needed.
Keywords: effects of punishment, crime control, federal register of criminal records, logistic regression, event analysis
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Spezialprävention – im Sinne der Verminderung von Rückfällen durch Resozialisierung,
Abschreckung und Sicherung – gilt als eine der wichtigsten Aufgaben des
Strafrechts. Dem entgegengesetzt schreibt der Etikettierungsansatz der Bestrafung
einen negativen Effekt auf die Legalbewährung zu. Was die deutsche Strafrechtspraxis
in dieser Hinsicht bewirkt, ist allerdings weithin unbekannt. Kriminologische
Untersuchungen auf dem Gebiet der Wirkungs- und Behandlungsforschung zeigen
keine eindeutigen empirischen Befunde. Zudem sind sie meist zeitlich und räumlich
eng begrenzt.
In der hier vorgestellten Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, ob sich der
spezialpräventive Erfolg des Strafrechts mit Hilfe von Bundeszentralregisterdaten
empirisch prüfen lässt. Die Arbeit stützt sich auf Daten und Auswertungen, die im
Rahmen der Legalbewährungsuntersuchungen 1994-1998 und 2004-2007 erstellt
wurden. Diese dort präsentierten deskriptiven Auswertungen werden kritisch analysiert;
die Datenanalyse wird durch den Einsatz quasi-experimenteller und multifaktorieller
Methoden dort verfeinert, wo es notwendig und sinnvoll erscheint.
Mit Hilfe dieser Methoden soll der Frage der – positiven oder negativen – Wirkung
der Strafen nachgegangen werden, indem Effekte von personen- und tatbezogenen
Prädiktoren kontrolliert werden, um den Effekt der Strafe auf die Wiederverurteilung
zu isolieren. Darüber hinaus wird eine deskriptive Analyse der Legalbewährungsdauer,
nach unterschiedlichen Sanktionsformen vorgestellt und mit Hilfe
von Ereignisanalysen differenziert.
Die Ergebnisse zeigen, dass auch unter Berücksichtigung anderer Prädiktoren eine
schwächere, aber eigenständige Sanktionswirkung zu beobachten ist. In der Mehrzahl
der Fälle zeigen sich geringere (monatliche) Rückfallraten nach weniger eingriffsintensive
ambulante Sanktionen als nach schwereren Sanktionen. Hier von
negativen Sanktionswirkungen zu sprechen ist dennoch voreilig. Weitere differenzierte
Analysen für homogenere Tätergruppen und regionale Vergleiche erscheinen
notwendig. Möglichkeiten und Chancen für weiterführende Auswertungen
werden sich auch durch die Fortführung der Rückfalluntersuchungen ergeben.
Schlagwörter: Strafwirkungen, Kriminalitätskontrolle, Bundeszentralregisterdaten, logistische Regression, Ereignisanalyse