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Werte der Dichtung - Dichtung von Wert

Eine Rekonstruktion von Maßstäben zur Bewertung von 'Literatur' in den Poetiken J. Chr. Gottscheds und J. J. Breitingers (mit einem Ausblick auf C. Fr. Brämer)

dc.contributor.advisorBarner, Wilfried Prof. Dr.
dc.contributor.authorFalkenhagen, Annabel
dc.date.accessioned2015-06-01T09:40:06Z
dc.date.available2015-06-12T22:50:05Z
dc.date.issued2015-06-01
dc.identifier.urihttp://hdl.handle.net/11858/00-1735-0000-0022-6003-C
dc.identifier.urihttp://dx.doi.org/10.53846/goediss-5100
dc.description.abstractDie vorliegende Untersuchung rekonstruiert zwei für die Produktion wie die Beurteilung literarischer Werke zuständige Wertordnungen der frühen Aufklärung – die Johann Christoph Gottscheds einer- und die Johann Jacob Breitingers andererseits. Ziel der Arbeit ist es, die grundsätzlichen Differenzen zwischen den beiden wichtigsten rivalisierenden Poetiken der Zeit zu erklären sowie ihre jeweilige Position innerhalb der historischen Entwicklung hin zu einem heute noch gültigen Verständnis von Literatur zu bestimmen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Einfluss der zeitgenössischen Philosophie (insbesondere der Christian Wolffs) auf die Konstituierung der jeweiligen Wertordnungen. Ihre Kriterien zur Bestimmung des spezifisch Literarischen entnimmt die Arbeit der Theorie S. J. Schmidts sowie Pierre Bourdieus Theorie des literarischen Feldes. Soweit es die Werttheorie betrifft, baut die Studie auf dem Ansatz der sprachanalytischen Wertphilosophie auf. Mit seinem Versuch einer Critischen Dichtkunst schließt Gottsched eine Lücke, welche die deutschsprachige Poetik zu Beginn des 18. Jahrhunderts von der anderer europäischer Nationen trennt. Dies geschieht einerseits durch die ausführliche Beschäftigung mit inhaltsbezogenen Wertmaßstäben, andererseits (und damit zusammenhängend) über die breit angelegte Auseinandersetzung mit den Wertmaßstäben des Wunderbaren und Wahrscheinlichen. Scheinbare Widersprüche, etwa was die Bewertung unterschiedlicher wunderbarer Züge poetischer Texte angeht, lassen sich vor dem wissenschaftshistorischen Hintergrund als systematisch begründet erklären. Zukunftsweisend erscheint Gottscheds Wertsetzung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung des modernen Romans. Auch moralische, scheinbar der Literatur fremde Maßstäbe lassen sich bei näherem Hinsehen zumindest partiell als integrativer Bestandteil von Gottscheds Dichtungskonzept erklären. Gottsched nutzt das ihm von der rationalistischen Philosophie zur Verfügung gestellte Instrumentarium, etwa das Konzept der andern Welten oder das der hypothetischen Wahrscheinlichkeit, um seine Wertordnung theoretisch zu fundieren. Er etabliert zumindest in Ansätzen die Unabhängigkeit der Dichtung als eines fiktionalen Raumes und, damit zusammenhängend, die Geltung bereits in hohem Grade literaturspezifischer Maßstäbe. Gottscheds Auffassung des literarischen Werkes als Text schließlich ist bestimmend für diejenigen Wertmaßstäbe, welche den Bereich der sprachlichen Gestaltung betreffen. Entscheidend für die Entwicklung der Breitinger’schen Wertordnung ist seine Annahme, dass Sinnesempfindung und Emotionen aufs Engste verbunden gedacht werden müssen. Dabei stützt er sich offenbar auf im weitesten Sinne sensualistisch zu nennende Theorien der Zeit, greift aber auch Thesen Wolffs und Elemente der Rhetorik auf, wobei das von Breitinger entworfene Bild des Rezipienten und seiner Bedürfnisse nur teilweise im Einklang steht mit den von Bodmer in der Vorrede der Critischen Dichtkunst vorgegebenen Grundsätzen. Vor diesem Hintergrund entwickelt Breitinger sein Ideal der Dichtung als poetische Malerei, das den Wertmaßstab der sinnlichen Darstellung bzw. Vergegenwärtigung mit dem der Erregung der Affekte verbindet. Auch seine Logik der Phantasie erweist sich primär als Logik des sinnlichen, visuellen Eindrucks, dessen oberflächliche, flüchtige Natur entscheidend für die konkrete Umsetzung der Wertmaßstäbe des Wunderbaren und der Wahrscheinlichkeit ist. Die Orientierung am Ideal der poetischen Malerei dominiert auch die Wertsetzung Breitingers auf dem Gebiet des Ausdrucks: Im Vordergrund steht die exakte Visualisierung des vom Dichter konzipierten Bildes. Auf diese Weise weist Breitinger die Dichtung insgesamt zwar deutlich als zum Bereich des Ästhetischen gehörig aus und befördert so ihre Autonomie. Durch die enge Bindung an die Wertmaßstäbe visueller Medien wird sie jedoch gleichzeitig zumindest ansatzweise sowohl medial über- als auch, insbesondere was die Möglichkeiten des plot anbelangt, unterfordert. Insgesamt lässt sich sagen, dass sowohl Gottscheds als auch Breitingers Konzept der Dichtung, wie es in ihren jeweiligen Wertordnungen sichtbar wird, das Potential der Literatur als Kunstform auf jeweils ganz eigene Weise weiterentwickelt. Beide tragen in unterschiedlicher Hinsicht zur Konstituierung eines eigenständigen Bereiches Literatur mit entsprechenden spezifischen Wertmaßstäben bei, auch wenn dieser Prozess noch nicht als abgeschlossen gelten kann. Abschließend beschäftigt sich die Arbeit kurz mit der wenig beachteten Poetik Carl Friedrich Brämers. Wie Gottsched und Breitinger nimmt auch Brämer Einflüsse der Wolff’schen Philosophie auf, bezieht sich daneben jedoch als einziger auch auf das Werk Francis Bacons. Bei der Entwicklung seiner Wertordnung zeigt Brämer, anders als Gottsched und Breitinger, jedoch letztlich wenig genuines Interesse an den eigentümlichen Belangen der Dichtung und entsprechend an der Generierung im eigentlichen Sinne literaturspezifischer Wertmaßstäbe. Damit bestätigt sich sein Status als Außenseiter der philosophischen Poetik.de
dc.language.isodeude
dc.rights.urihttp://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/
dc.subject.ddc400de
dc.subject.ddc800de
dc.titleWerte der Dichtung - Dichtung von Wertde
dc.title.alternativeEine Rekonstruktion von Maßstäben zur Bewertung von 'Literatur' in den Poetiken J. Chr. Gottscheds und J. J. Breitingers (mit einem Ausblick auf C. Fr. Brämer)de
dc.typedoctoralThesisde
dc.title.translatedValues of Poetic Works – Poetic Works of Valuede
dc.contributor.refereeBarner, Wilfried Prof. Dr.
dc.date.examination2008-07-22
dc.description.abstractengThis study is concerned with two poetics of the enlightenment, those of Johann Christoph Gottsched and of Johann Jacob Breitinger. Its aim is to trace the systems of criteria for the evaluation and production of literary works these poetics put forth, to explain their crucial differences and to determine in what way they contribute to the development of today’s concept of literature. One of the key aspects is the role played by contemporary philosophy (in particular the work of Christian Wolff) in the development of literary standards. S. J. Schmidt’s theory of conventions ruling the literary realm as well as Pierre Bourdieu’s theory of the literary field are used to determine what counts as specifically literary. As regards the theory of value, the study is based on the philosophy of value provided by the philosophy of language. Gottsched’s work Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen (Essay on a German Critical Poetic Theory) closes a gap that has hitherto existed in German poetics, thus catching up on developments that have already taken place in the poetics of other European nations. He does so by discussing at length those standards of evaluation relevant to the content of a literary work. A second point is his elaborate treatment of the criteria of the marvelous and the verisimilar. Seeming inconsistencies – especially regarding the evaluation of marvelous aspects of poetical works – can be traced back to an underlying system. This becomes apparent when one takes into account the contemporary scientific background. Gottsched’s standards of evaluation appear particularly ‘trend-setting’ with regard to the development of the novel at the same time. Even moral standards that at first sight seem alien to literature can be – at least partially – explained as an integrative part of Gottsched’s notion of poetic works. Gottsched uses the ‘equipment’ provided by German rationalism, for example the concept of alternative worlds or that of the hypothetic verisimilar, to provide a theoretical foundation for his evaluative system. He takes an important step towards establishing the independence of Dichtung as the realm of fiction, at the same time providing standards that are – to a large extent – already specific for the evaluation of literature. As regards those standards that are concerned with poetic language, his concept of the literary work as a text proves to be crucial. An essential premise for the construction of Breitinger’s system of literary values is the close connection of sensation and emotion. In this he is supported by contemporary theories of sensualism (in a broader sense). He also, however, makes use of several assumptions made by Wolff as well as certain rhetorical elements. (It has to be noted that the picture of the recipient and his needs provided by Breitinger only partially agrees with the precepts put forth by Bodmer in his preface to Breitinger’s Critische Dichtkunst (Critical Poetics).) Thus Breitinger’s ideal of literature as a kind of poetic painting (poetische Malerei) is formed. Here, the ability to make the reader see and sense what the poet wants to present is joined to that of arousing his emotions, and both are what makes a literary work valuable. Breitinger’s logic of the imagination as well proves to be primarily that of sensation. The superficial, fleeting nature of the latter is crucial for the way the marvelous and the verisimilar ought to be incorporated in a literary work. What is valuable in poetic language as well is determined primarily by what it takes to provide the reader with an exact image. Thus Breitinger clearly shows poetry to belong to the realm of the aesthetic, thereby promoting its autonomy. At the same time, the close connection established between poetic works and the standards originally belonging to visual media may become a problem: On the one hand, a literary medium may be unable to cope with some of the demands made on it. On the other hand, the comparison of a literary work to a picture gallery clearly neglects the potential of plot. All in all, the concepts of poetry (Dichtung) underlying Gottsched’s and Breitinger’s standards for the evaluation of literary works, both contribute – each in its own way – to developing its potential as a form of art. They help to establish the realm of literature as an autonomous sphere with its own specific standards, even if this process is not quite finished yet. Finally, this study takes a look at the poetics of Carl Friedrich Brämer which have not yet received much attention, neither by his contemporaries nor by researchers. Like Gottsched and Breitinger, Brämer’s poetics is influenced by the philosophy of Christian Wolff, but unlike them he is also influenced by the work of Francis Bacon. A closer look at Brämer’s system of literary values and the way they are established, however, shows Brämer to be little interested in the specific properties and demands of literary works or, for that matter, in establishing genuinely literary standards for judging them. Thus, his position as an outsider of philosophical poetics is confirmed.de
dc.contributor.coRefereeCramer, Konrad Prof. Dr.
dc.title.alternativeTranslatedTracing the Criteria for the Evaluation of ‘Literature’ in the Poetics of J. Chr. Gottsched and J. J. Breitinger (with a Short Examination of C. Fr. Brämer)de
dc.subject.gerPoetikde
dc.subject.gerÄsthetik des 18. Jahrhundertsde
dc.subject.gerliterarische Wertungde
dc.subject.gerJohann Jacob Bodmerde
dc.subject.gerJohann Jacob Breitingerde
dc.subject.gerCarl Friedrich Brämerde
dc.subject.gerJohann Christoph Gottschedde
dc.subject.gerAufklärungde
dc.subject.engpoeticsde
dc.subject.eng18th century aestheticsde
dc.subject.engliterary valuede
dc.subject.engJohann Jacob Bodmerde
dc.subject.engJohann Jacob Breitingerde
dc.subject.engCarl Friedrich Brämerde
dc.subject.engJohann Christoph Gottschedde
dc.subject.engEnlightenmentde
dc.identifier.urnurn:nbn:de:gbv:7-11858/00-1735-0000-0022-6003-C-3
dc.affiliation.institutePhilosophische Fakultätde
dc.subject.gokfullPhilologien (PPN621711713)de
dc.description.embargoed2015.06-12
dc.identifier.ppn826466362


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