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Ein bronzezeitlicher Familienclan als genetisches Archiv – Morphologisch-paläogenetische Bearbeitung des Skelettkollektivs aus der Lichtensteinhöhle

dc.contributor.advisorHummel, Susanne Dr.
dc.contributor.authorSeidenberg, Verena
dc.date.accessioned2017-02-22T09:12:46Z
dc.date.available2017-02-22T09:12:46Z
dc.date.issued2017-02-22
dc.identifier.urihttp://hdl.handle.net/11858/00-1735-0000-002B-7D55-C
dc.identifier.urihttp://dx.doi.org/10.53846/goediss-6152
dc.description.abstractDie Lichtensteinhöhle ist eine Klufthöhle im Berg Lichtenstein in den Harzausläufern. Im anthropogenen Teil der Höhle wurden größere Mengen disoloziert vorliegender Menschenknochen gefunden. Über assoziierte archäologische Artefakte und 14C-Datierungen erfolgte eine Einordnung ins 10.–9. Jh. v. Chr.. Aufgrund eines Überzuges mit Gipssinter und konstant niedriger Temperaturen war ein herausragend guter Erhaltungszustand der Knochen und der enthaltenen aDNA gegeben. Dies ermöglichte umfangreiche anthropologische Forschungsarbeiten an den menschlichen Überresten aus der Lichtensteinhöhle. Eine zentrale Fragestellung zu Beginn der Forschungsarbeiten war, ob es sich um eine Opferstätte oder einen Bestattungsplatz handelt. Es konnte für die zunächst identifizierten 40 Individuen ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis und eine Altersverteilung über alle Altersklassen hinweg nachgewiesen werden. Zudem konnten mittels molekulargenetischer Methoden verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Individuen aufgedeckt werden. Die Verwandtschaftsrekonstruktion ergab den Stammbaum eines Familienclans. Damit lagen eindeutige Hinweise für eine Nutzung als Bestattungsplatz vor. Während molekulargenetischer Reihenuntersuchungen verschiedener Skelettelemente und morphologischer Zuordnungen von Skelettelementen zu Individuen wurde deutlich, dass Knochen von mehr Individuen als den 40 bislang identifizierten vorhanden waren. Zudem deutete sich an, dass für nahezu alle Individuen nicht alle Knochen in der Höhle aufgefunden worden waren. Das Fehlen von Skelettelementen warf die Frage auf, ob es sich bei der Lichtensteinhöhle nicht um einen Primär- sondern um einen Sekundärbestattungsplatz handeln könnte. Im aktuell durchgeführten Forschungsprojekt wurden, unter Verwendung morphologischer und molekulargenetischer Methoden, die Zuordnungen der dislozierten Knochen zu Individuen zu Ende geführt. Die rekonstruierten Individuen wurden umfassend morphologisch und molekulargenetisch untersucht, mit dem Ziel, die demografische Struktur der Population zu erschließen und die Verwandtschaftsrekonstruktion auszuweiten. Zudem wurde den Fragen der Nutzungsdauer und der genauen Nutzungsart der Höhle nachgegangen. Es konnten 60 Individuen identifiziert werden. Nur für zwei der Individuen wurden alle bei den Zuordnungen berücksichtigten Skelettelemente vorgefunden. An den Knochen zeigten sich nur wenige Fälle degenerativer Veränderungen. Dies ließ darauf schließen, dass die in der Lichtensteinhöhle bestatteten Menschen nicht übermäßig harter körperlicher Belastung ausgesetzt waren. Spuren massiver Gewalteinwirkung fehlten vollständig. Dies macht es unwahrscheinlich, dass die bestattete Population in kriegerische Auseinandersetzungen involviert war. Einige wenige verheilte Frakturen an Rippen oder Schlüsselbein lassen sich problemlos auf Alltagsunfälle zurückführen. Spuren von Mangel- oder Stressphasen waren nur in Einzelfällen nachweisbar. Dies deutet darauf hin, dass die Bestatteten zu Lebzeiten kontinuierlichen Zugang zu ausreichenden Nahrungsressourcen hatten. Das Geschlechterverhältnis war ausgewogen und die Altersverteilung entsprach in den Grundzügen der für eine historische Population zu erwartenden. Eine fesgestellte Unterrepräsentanz von Individuen der Altersklasse Infans I könnte als Hinweis darauf interpretiert werden, dass tatsächlich Sekundärbestattungen praktiziert wurden und die sehr kleinen, fragilen Knochen der Infans I Individuen zum Zeitpunkt der Umbettungen bereits vergangen waren. In begleitenden Arbeiten durchgeführte statistischen Analysen verschiedener Merkmale, wie z.B. Unterschiede im Grad der DNA-Degradierung, lieferten weitere Hinweise in die Richtung, dass es sich bei der Lichtensteinhöhle um einen Sekundärbestattungsplatz handeln dürfte. Für alle neu identifizierten Inividuen wurden mittels molekulargenetischer Analysen die genetischen Fingerabdrücke sowie die mitochondraialen und Y-chromosomalen Haplotypen bestimmt. Die anschließende Verwandtschaftsrekonstruktion ergab einen erweiterten Stammbaum, in dem für 47 der 60 Individuen entweder direkte Verwandtschaft oder aber Verwandtschaft in mütterlicher oder väterlicher Familienlinie belegt ist. Der Stammbaum umfasst insgesamt sechs Generationen. Dies entspricht – bei einer angenommenen Generationendauer von 20 Jahren – einer Nutzungsdauer von 120 Jahren und passt somit gut zum archäologisch ermittelten Nutzungszeitraum. Die Auswertung der Diversität der mitochondrialen und Y-chromosomalen Haplotypen ergab Hinweise auf eine patrilokale Gesellschaftsform. In begleitenden Arbeiten wurden weitere genetische Marker – z.B. für die Augen- und Haarpigmentierung, die immungenetische Ausstattung oder auch für den Laktosetoleranzstatus – analysiert. Insgesamt zeigte sich, dass sich in vielerlei Hinsicht die genetische Ausstattung heutiger Populationen im Vergleich zu der vor 3.000 Jahren nicht grundlegend unterscheidet. Lediglich für die Frequenz des Laktosetoleranz verursachenden Allels war eine deutliche Zunahme seit der Bronzezeit zu verzeichnen.de
dc.language.isodeude
dc.rights.urihttp://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/
dc.subject.ddc570de
dc.titleEin bronzezeitlicher Familienclan als genetisches Archiv – Morphologisch-paläogenetische Bearbeitung des Skelettkollektivs aus der Lichtensteinhöhlede
dc.typedoctoralThesisde
dc.title.translatedA Bronze Age family clan as genetic archive – Morphological-paleogenetical analysis of the skeletal remains from the Lichtenstein Cavede
dc.contributor.refereeHerrmann, Bernd Prof. Dr.
dc.date.examination2016-09-29
dc.description.abstractengThe Lichtenstein Cave is a cleft cave in the Lichtenstein a mountain located in the Harz Mountains. Large numbers of human bones were found spread over the anthropogenic part of the cave. According to the associated archeological artifacts and radiocarbon dating the bones dated back to the 10th–9th century BC. Because of a cover with gypsum sinter and constantly low temperatures the bones were found in an exelent state of preservation as well as the DNA enclosed in them. This enabled extensive anthropological research on the human skeletal remains from the Lichtenstein Cave. One of the main questions at the beginning was, whether the cave was used as a sacrificial site or as a burial place. For the initially identified 40 individuals a balanced sex ratio and an age distribution over all age groups were determined. In addition, kinship relations between the individuals could be detected by molecular genetic analyses. The kinship reconstruction resulted in a family tree of a family clan. These were clear indications that the cave has been used as a burial place. During molecular genetic serial examinations of different skeletal elements and morphological assignments of bones to individuals it became obvious, that bones from more individuals than the 40 identified before were present. Furthermore, it appeared that for almost all individuals some bones had not been found in the cave. The absence of skeletal elements raised the question, whether the Lichtenstein Cave had been used as a primary burial place or as a secondary burial place. In the currently conducted research the assignments of bones to individuals using morphological and molecular genetic methods were completed. The reassembled individuals were analysed extensively using both morphological and molecular genetic methods with the aim to explore the demographic structure of the population and to expand the kinship reconstruction. Furthermore, the issues of time and manner of use of the Cave were persued. In total 60 individuals were identified. For only two individuals all observed skeletal elements could be assigned. Only few cases of degenerative alterations were found on the bones. This suggests that the people who were buried in the cave had not experienced pronounced physical stress. Signs of massive trauma were lacking completely. This makes it unlikely that the population experienced military conflicts. A few healed fractures at ribs or clavicles are easily ascribed to accidents. Osteological manifestations of periods of depletion or stress were only found as single cases. This indicates that the people had continuous access to sufficient food resources. The sex ratio was balanced and the age distribution met the expectations for a historic population in the main features. An observed under-representation of infans I individuals could be interpreted as indication that the context had indeed be used for secondary burials and the small and fragile infans I bones had already been completely degraded at the time of reburial. Statistical analyses of various features conducted in accompanying studies, e.g. differences in the degree of DNA degradation, provided more indications for a usage of the Lichtenstein Cave as a secondary burial place. For all newly identified individuals the genetic fingerprints as well as mitochondrial and Y-chromosomal haplotypes were determined by molecular genetic analyses. The following kinship reconstruction resulted in an extended family tree showing direct relations or relationship in maternal or paternal lineages for 47 of the 60 individuals. The family tree spans six generations. Assuming a generation time of 20 years this equates to a period of use of 120 years and thus matches the archeologically determined timespan well. Differential diversity patterns observed for mitochondrial and Y-chromosomal haplotypes indicated patrilocality. In addition to populationgenetics and the kinship reconstruction other genetic markers were analyzed, e.g. for eye and hair pigmentation, immunogenetics or the lactose tolerance status. Overall, these analyses showed that the genetic constitution nowadays seems to be the same as 3,000 years ago. Only the frequency of the lactose tolerance associated allele showed a clear increase since the Bronze Age.de
dc.contributor.coRefereeKlintschar, Michael Prof. Dr.
dc.subject.gerAnthropologiede
dc.subject.gerancient DNAde
dc.subject.geraDNAde
dc.subject.gerLichtensteinhöhlede
dc.subject.gerBronzezeitde
dc.subject.gershort tandem repeatde
dc.subject.gerSTRde
dc.subject.germtDNAde
dc.subject.gerY-chromosomale Haplotypende
dc.subject.gerVerwandtschaftde
dc.subject.gerGenealogiede
dc.subject.gerLaktosetoleranzde
dc.subject.gerBlutgruppende
dc.subject.gerHaarfarbede
dc.subject.gerAugenfarbede
dc.subject.gerImmungenetikde
dc.subject.gerPaläodemografiede
dc.subject.gerAlterde
dc.subject.gerGeschlechtde
dc.subject.enganthropologyde
dc.subject.engancient DNAde
dc.subject.engaDNAde
dc.subject.engLichtenstein Cavede
dc.subject.engBronze Agede
dc.subject.engshort tandem repeatde
dc.subject.engSTRde
dc.subject.engmtDNAde
dc.subject.engY-chromosomal haplotypesde
dc.subject.engkinshipde
dc.subject.enggenealogyde
dc.subject.englactose tolerancede
dc.subject.engblood groupsde
dc.subject.enghair colorde
dc.subject.engeye colorde
dc.subject.engimmunogeneticsde
dc.subject.engpaleodemographyde
dc.subject.engagede
dc.subject.engsexde
dc.identifier.urnurn:nbn:de:gbv:7-11858/00-1735-0000-002B-7D55-C-3
dc.affiliation.instituteBiologische Fakultät für Biologie und Psychologiede
dc.subject.gokfullBiologie (PPN619462639)de
dc.identifier.ppn880781599


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