Die Effizienz des Fracture Liaison Service nach Frakturen an einem Level 1 Traumazentrum
The effectiveness of a Fracture Liaison Service after fractures at a Level 1 trauma center
by Annkathrin Lendeckel née Kaes
Date of Examination:2024-07-18
Date of issue:2024-07-15
Advisor:Prof. Dr. Stephan Sehmisch
Referee:Prof. Dr. Stephan Sehmisch
Referee:Prof. Dr. Heide Siggelkow
Referee:Prof. Dr. Thomas Meyer
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Name:A. Lendeckel eDiss FLS.pdf
Size:1.16Mb
Format:PDF
Abstract
English
Osteoporosis is a systemic skeletal disease characterized by reduced bone density and increased bone fragility. It is a common but underdiagnosed condition that often remains clinically silent until an osteoporosis-associated fracture occurs. These fractures, also known as fragility fractures, can occur with minor trauma and typically affect vertebrae, hip, wrists, humerus, and pelvis. Prior fractures are the greatest risk factor for future fractures and increase morbidity and mortality. The risk of osteoporosis and associated fractures increases with age. This in turn has a high impact on the health care system, particularly with regards to the aging population. However, the rate of osteoporosis diagnostics and treatment in Germany remains low. About 14 % of those injured undergo specific osteoporosis diagnostics after a fragility fracture. Moreover, a lot of patients suffer from multiple fractures before the diagnostics is initiated. Additionally, despite the availability of effective therapies only a small percentage of patients receive appropriate medication, even if a fragility fracture has occured. Merely 21 % of patients with osteoporosis and 15% of patients with osteoporosis-related fractures receive suitable drug therapy. At the moment suffering patients are not treated in an acceptable manner. The Fracture Liaison Service (FLS) as a clinical screening program aims to improve the quality of care for patients with osteoporosis-related fractures with regard to secondary and tertiary prevention of the disease. By identifying the affected patients and providing systematic diagnostics and treatment the program enables to reach this aim. The purpose of this study by the University Medical Center Göttingen is to evaluate the benefits of a coordinator-based FLS in terms of improving care for osteoporosis patients. Over the period of 25 months, women over 50 years of age and men over 60 years of age with any fractures were assessed. The average age was 71 years. The most common fractures were vertebral, distal radius, humerus, hip, and pelvic fractures. Nearly 70% of patients experienced low-energy trauma fractures. Bone density testing was conducted in 83% of the cases. One-third of the patients were diagnosed with osteoporosis and half with osteopenia. Based on diagnosis and bone mineral density, patients received guideline-based therapy recommendations. Recommended was either a basic treatment including vitamin D and calcium supplementation, or a specific osteoporosis treatment including osteoanabolic and antiresorptive drugs. The recommendations lead to significant increases in treatment rates within the FLS program with reference to the basic treatment as well as the specific treatment. The results also show a high therapy adherence over the time of two years. In summary, the results demonstrate the potential for a significant improvement of osteoporosis management by a coordinator-based FLS. However, the results prove that the initiation of a guideline-based therapy is still challenging. Therefore, an enhanced collaboration between hospital and outpatient settings to ensure guideline-compliant treatment initiation is desirable.
Keywords: osteoporosis; osteopenia; fracture liaison service; fracture; bone mineral density; osteoporosis therapy; FLS
German
Osteoporose ist eine systemische Skelett-Erkrankung, die mit einer verringerten Knochendichte und einer erhöhten Knochenfragilität einhergeht. Osteoporose ist ein häufiges, aber unterdiagnostiziertes Krankheitsbild, das klinisch stumm verläuft und sich meist erst mit Auftreten einer Osteoporose-assoziierten Fraktur manifestiert. Die Osteoporose-assoziierten Frakturen werden auch Fragilitätsfrakturen genannt, da sie häufig bereits im Rahmen von Bagatell-Traumata auftreten. Typisch sind Frakturen an Wirbelkörpern, Hüftgelenksnahe Frakturen sowie Frakturen an Handgelenk, Humerus und Becken. Stattgehabte Frakturen erhöhen die Morbidität und Mortalität und stellen den größten Risikofaktor für folgende Frakturen dar. Das Risiko für das Auftreten einer Osteoporose und Osteoporose-assoziierter Frakturen nimmt mit zunehmendem Alter zu. Insbesondere aufgrund der demographischen Entwicklung mit steigender Lebenserwartung der Bevölkerung weist die Erkrankung daher eine hohe klinische und gesundheitsökonomische Relevanz auf. Dennoch wird nach Auftreten einer Fraktur nur in etwa 14 % der Fälle eine Osteoporose-Diagnostik eingeleitet. Dies hat zur Folge, dass betroffene Patienten häufig mehrere Frakturen erleiden, bis eine zielgerichtete Diagnostik stattfindet. Es stehen zahlreiche, effektive Therapie-Optionen zur Verfügung, doch auch an dieser Stelle besteht ein Versorgungsdefizit. Lediglich etwa 21 % der Patienten mit Osteoporose und etwa 15 % der Patienten mit einer Osteoporose-assoziierten Fraktur erhalten eine passende Arzneimitteltherapie. Eine zufriedenstellende, systematische und flächendeckende Versorgung der betroffenen Patienten kann somit aktuell in Deutschland nicht gewährleistet werden. Der Fracture Liaison Service (FLS) ist ein klinisches Screeningprogramm, welches das Ziel einer verbesserten Versorgungsqualität von Patienten mit Osteoporose-assoziierten Frakturen verfolgt. Insbesondere die Sekundär- und Tertiärprophylaxe von Osteoporose und Osteoporose-assoziierten Frakturen sollen mit Hilfe des FLS optimiert werden, indem die betroffenen Patienten systematisch identifiziert werden und eine entsprechende Diagnostik und Therapie erhalten. In dieser Arbeit wurde am Beispiel der Universitätsmedizin Göttingen (Level 1 Traumazentrum) evaluiert, ob ein Koordinator-basierter Fracture Liaison Service einen Vorteil in der Versorgungsqualität der von Osteoporose betroffenen Patienten bietet. An einem Level 1 Traumazentrum wurden im Rahmen des Fracture Liaison Service über einen Zeitraum von 25 Monaten Frauen ab 50 bzw. Männer ab 60 Jahren mit stattgehabter Fraktur erfasst. Der Altersdurchschnitt betrug 71,5 Jahre (± 10 Jahre). Die am häufigsten aufgetretenen Frakturen waren Frakturen der Wirbelkörper, des distalen Radius, des Humerus, der hüftgelenksnahen Region sowie des Beckens. Es wurden auch Frakturen an untypischen Lokalisationen berücksichtigt. Knapp 70 % der Patienten erlitten ihre Frakturen nach Bagatelltraumata, sog. low-energy traumata. Bei 83 % der eingeschlossenen Patienten wurde die Osteoporose-Diagnostik mittels Knochendichtemessung durchgeführt. Bei gut einem Drittel der Patienten wurde eine Osteoporose und bei gut der Hälfte der Patienten eine Osteopenie diagnostiziert. Die Patienten erhielten nach erfolgter Diagnostik eine individuelle, leitliniengerechte Therapieempfehlung, die bei 43 % der Patienten eine Basis-Therapie und bei 42 % eine spezifische Therapie vorsah. Die Basis-Therapie der Osteoporose beinhaltet eine Calcium- und Vitamin D-Supplementierung, die spezifische Therapie besteht aus osteoanabol und antiresorptiv wirkenden Medikamenten. In beiden Empfehlungs-Gruppen konnten die Therapieraten im Rahmen des FLS signifikant gesteigert werden von 12 % auf 42 % bei der Basis-Therapie bzw. von 6 % auf 27 % bei der spezifischen Therapie. Es zeigte sich außerdem eine sehr hohe Therapieadhärenz im Verlauf von 2 Jahren. Festzuhalten ist, dass durch Etablierung des Koordinator-basierten Fracture Liaison Service die Rate der durchgeführten Osteoporose-Diagnostik sowie der eingeleiteten Osteoporose-Therapie signifikant gesteigert wurde. Die Ergebnisse belegen somit ein deutliches Verbesserungspotential des Osteoporose Managements durch einen Koordinator-basierten Fracture Liaison Service, verdeutlichen gleichzeitig aber auch die weiterhin bestehende Herausforderung bei der Einleitung einer leitliniengerechten Osteoporose-Therapie. Hier ist eine weitere Optimierung insbesondere der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Klinik und ambulantem Bereich anzustreben. Insbesondere unfallchirurgische Kliniken als erstbehandelnde Einrichtungen stehen in der Verantwortung. Die Optimierung der Sekundär- und Tertiärprophylaxe der volkswirtschaftlich relevanten Osteoporose sollte noch weiter ausgebaut werden.
Schlagwörter: Fraktur; Osteoporose Therapie; Knochendichte; Osteoporose; Knochendichte; Fracture Liaison Service; FLS