Das Onkoprotein Mdm4 und seine Wirkung auf die DNA-Replikation

by Kai Wohlberedt
Doctoral thesis
Date of Examination:2024-08-13
Date of issue:2024-08-05
Advisor:Prof. Dr. Matthias Dobbelstein
Referee:Prof. Dr. Matthias Dobbelstein
Referee:Prof. Dr. Elisabeth Heßmann
Referee:Prof. Dr. Ralf Dressel
Sponsor:Deutsche Krebshilfe
Persistent Address: http://dx.doi.org/10.53846/goediss-10645

 

 

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Abstract

English

The oncoprotein MDM4, together with its family member MDM2, is one of the most important regulators of the tumor suppressor p53. This study demonstrates that loss of MDM4 in p53-deficient cells significantly compromises the progression and processivity of DNA replication forks. Concurrent depletion of MDM4 and MDM2 exacerbated replication defects, while overexpression of either MDM-protein partially compensated for the loss of the other. However, cell proliferation was only minimally affected by MDM4 depletion due to compensatory firing of replication origins. Mechanistically, MDM4 interacts with Polycomb Repressor Complexes and prevents conflicts between replication and transcription. Notably, MDM4 depletion sensitizes p53−/− cells to the nucleoside analog gemcitabine, suggesting a potential use of MDM4 inhibitors as chemosensitizers and a therapeutic rationale beyond p53 reactivation.
Keywords: p53; Mdm4; Mdm2; DNA-replication; oncogene

German

Das Protein MDM4 zählt zusammen mit seinem Paralog MDM2 zu den wichtigsten negativen Regulatoren des Tumorsupressors p53. Eine übermäßige Expression von MDM4 konnte in einer Reihe verschiedener Tumorentitäten beobachtet werden, darunter zum Beispiel in Karzinomen der Lunge und der Brust, in malignen Melanomen, Retinoblastomen und hämatologischen Neoplasien. Ziel dieser Arbeit war es, die p53-unabhängige Rolle von MDM4 bei der Replikation der DNA zu untersuchen, die Wechselwirkung der beiden MDM-Proteine dabei näher zu charakterisieren und den Mechanismus für die Beobachtungen zu beleuchten. Vor diesem Hintergrund sollte auch die Frage nach MDM4 als einer möglichen therapeutischen Zielstruktur in der Behandlung bösartiger Tumore betrachtet werden. Es wurden mehrere p53-defiziente tumorabgeleitete Zelllinien nach Depletion von MDM4 mittels siRNA sowie murine embryonale Fibroblasten mit Ko-Deletionen von p53 und Mdm4 auf Beeinträchtigungen ihrer DNA-Replikation hin untersucht. Dazu wurden sog. DNA-fiber-Assays verwendet, bei denen durch Inkubation mit Nukleosidanaloga und anschließender Immunfluoreszenzmikroskopie die Progression einzelner DNA-Replikationsgabeln sicht- und messbar wird. Durch verschiedene Kombinationen aus simultanen Deletionen und ektopen Expressionen der MDM-Paraloge, ihrer Mutanten oder weiteren Interaktionspartnern wurde die Wirkung von MDM4 näher analysiert. Weiterhin wurden Western-Blots und Immunfluoreszenzmikroskopie eingesetzt, um Anzeichen von replikativem Stress zu detektieren. Experimente zur Gesamt-DNA-Synthese sowie zum Zellüberleben und zur Zellproliferation unter Behandlung mit dem Zytostatikum Gemcitabin ergänzten diese Untersuchungen. Mittels Ko-Immunpräzipitation und Chromatin-Immunpräzipitation wurde MDM4 auf seine Interaktion mit Chromatin-modifizierenden Proteinen der Polycomb-repressor-Familie hin untersucht, und die Detektion von DNA-RNA-Hybriden mittels Dot-Blots erlaubte die Analyse von nach MDM4-Depletion auftretenden Konflikten zwischen Replikation und Transkription. Es zeigte sich, dass die DNA-Replikation durch den Verlust von MDM4 unabhängig von p53 massiv beeinträchtigt wurde. Diese Beobachtungen konnten sowohl in maligne transformierten Zellen als auch in murinen embryonalen Fibroblasten reproduziert werden. Dabei waren die Zellen insbesondere auf MDM4 voller Länge angewiesen. Deletionsmutanten hingegen – ähnlich zu einer Isoform, wie sie in vielen adulten Geweben vorliegt – wiesen keine solche Wirkung auf. Ein simultaner Verlust von MDM4 und MDM2 beeinträchtigte die Progression der DNA-Replikationsgabeln erheblich stärker als jeweils nur ein fehlendes MDM-Protein allein. Die ektope Expression eines MDM-Proteins konnte den Verlust seines Paralogs jeweils nur eingeschränkt kompensieren, was auf überlappende, jedoch nicht redundante Wirkungen von MDM4 und MDM2 hinwies. Nach MDM4-Depletion zeigten sich die DNA-Replikationsgabeln nicht nur in ihrer Progression verlangsamt, sondern auch hinsichtlich ihrer Prozessivität beeinträchtigt. Zusammen mit aktivierten Intermediaten der DNA-Schadenssignalkaskaden wie γH2AX und pCHK1 und vermehrt vorliegender einzelsträngiger DNA zeigte das sog. fork stalling replikativen Stress nach Mdm4-Depletion an. Die Beeinträchtigung der Replikationsgabeln wurde durch die vermehrte Aktivierung von Replikationsursprüngen kompensiert, sodass Zellzyklusprofil, DNA-Synthese und Proliferation der Zellen nach MDM4-Verlust aufrechterhalten werden konnten. Die MDM4-Depletion sensitivierte die Zellen jedoch gegenüber einer Behandlung mit Gemcitabin. Weiterhin konnte eine physische und funktionelle Interaktion von MDM4 mit dem Protein RNF2 aus dem Polycomb-repressor-Komplex 1 nachgewiesen werden. Die Depletion von MDM4 führte zu einer verminderten Ubiquitinierung von Histon 2A und zu einer Akkumulation von R-Loops – Hybridstrukturen aus DNA und RNA, die zu einem Hindernis für die DNA-Replikation werden können. Der enzymatische Abbau dieser Strukturen stellte die DNA-Replikation nach MDM4-Depletion wieder her. Zusammengefasst wurde damit eine neue p53-unabhängige Funktion von MDM4 bei der Replikation der DNA nachgewiesen, die auf seiner Kooperation mit den Polycomb-repressor-Komplexen und den einhergehenden Chromatinmodifikationen beruht. Die vorliegende Arbeit eröffnet damit eine neue Perspektive auf die pharmakologische Inhibition von MDM4 in malignen Tumoren. Die Rationale einer solchen Behandlung läge nicht mehr nur in der Reaktivierung von wildtypischem p53, sondern darüber hinaus auch in der Sensitivierung maligner Zellen gegenüber konventionellen Therapien mit der DNA-Replikation als Angriffspunkt.
 
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