Späte Elternschaft als Thema der Medizin - Eine ethische Analyse von Alters- und Genderaspekten im Diskurs deutscher Printmedien
Late parenthood as a topic in medicine - An ethical analysis of age and gender aspects in the discourse of German print media
by Pia Liebetrau née Christensen
Date of Examination:2025-01-28
Date of issue:2025-01-28
Advisor:Prof. Dr. Claudia Wiesemann
Referee:Prof. Dr. Claudia Wiesemann
Referee:Prof. Dr. Mark Schweda
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Format:PDF
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Abstract
English
The dissertation’s goal was to examine how parenthood later in life is presented in the media. As a first step, a descriptive literature analysis examined which factors could be used to justify the definition of age limits. For this purpose, social factors which aim at the role of the people or the child/the children within society were analyzed. The medicalization of reproduction, the design of life plans as well as the individual conception of infertility and the desire to have children were explored. Furthermore, medical ethical considerations about reproductive autonomy, justice, non-maleficence and beneficence were elaborated on. The function of parents and the effects of assisted reproductive technologies and late parenthood on the welfare of children were also examined. In a second step, biological arguments showing increased risks for mothers and children which could be due to late mother- or fatherhood were studied. One of the central results was that not only the mother’s age but also the father’s age leads to a higher risk for negative health effects. In the results section, all the aspects mentioned were categorized as pro or contra arguments for or against late parenthood and/or assisted reproductive technologies. In terms of media theory, the differences between boulevard and quality media were presented and the importance of information was highlighted. Based on a sample of 221 articles with the focus on problem areas of human reproduction in Germany which, according to the articles, were based on the gender or the age of one or both parents, were studied by means of a qualitative content analysis as described by Mayring. The articles were from seven print media (Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Der Spiegel, Die Zeit, Brigitte, Men’s Health, Bild), of which Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Der Spiegel and Die Zeit were classified as quality media. Brigitte, Bild and Men’s Health were classified as boulevard media. It was subsequently evaluated how the presentation of the age of women and men differed and which arguments boulevard and quality media used to justify age limits and if these were coherent with the arguments that were found during the literature research. The results showed that the age of women was mentioned more often. There was an accumulation of the age between 30 and 40 years and the age 35 was mentioned the most. The age of men was described less often and the age span 46-50 years was mentioned the most. In respect to the arguments used there were no discrepancies between quality and boulevard media: both media genres provided balanced information and named both pro and contra arguments – with a slight dominance of the quality media over the boulevard media in regard to the range of the contra arguments mentioned. Stereotyping happened based on non-numerical age labels (“Grandma-Mum”, “Grandpa-Dads”). This stereotyping affected both genders and both media genres, unlike it was initially presumed based on the described pre-known “double standard of aging“. For the future an increase in well-founded and balanced media reporting about the effect of age on the fertility of women and of men as well would be desirable. The issue of the limitations of the possibilities and the legal and financial challenges of assisted reproductive technologies should also be broached. Autonomy can only be furthered with sufficient knowledge. The media can help with this and can promote both the individual as well as the society’s awareness.
Keywords: late parenthood; late motherhood; late fatherhood; media analysis; ethical analysis; age limits; medical ethics
German
Die vorliegende Dissertation hatte das Ziel zu untersuchen, wie späte Elternschaft in deutschen Printmedien dargestellt wird. Zunächst wurde anhand einer deskriptiven Literaturanalyse untersucht, welche Faktoren die Festlegung von Altersgrenzen begründen könnten. Hierbei ging es im ersten Schritt um soziale Argumente, die auf die Rolle der Personen und ihres Kindes/ihrer Kinder innerhalb der Gesellschaft abzielen. Dabei wurden die Medikalisierung der Reproduktion, die Gestaltung von Lebensentwürfen sowie die individuelle Wahrnehmung von Infertilität und Kinderwunsch in den Blick genommen. Desweiteren wurden medizinethische Überlegungen zur reproduktiven Autonomie, Gerechtigkeit, Nicht-Schaden und Fürsorge ausgeführt. Auch die Funktion von Eltern und die Auswirkungen von assistierten reproduktionsmedizinischen Techniken und später Elternschaft auf das Kindeswohl wurde beleuchtet. Im zweiten Schritt wurden biologische Argumente ausgeführt, die erhöhte Risiken für Mütter und Kinder aufzeigen, die durch späte Mutter- oder Vaterschaft entstehen können. Eine der zentralen Erkenntnisse war, dass nicht nur das Alter der Mutter, sondern auch das Alter des Vaters ein höheres Risiko für negative gesundheitliche Auswirkungen nach sich zieht. Die aufgeführten Aspekte wurden im Ergebnisteil in Pro- und Kontra-Argumente für oder gegen späte Elternschaft und/oder assistierte reproduktionsmedizinische Techniken eingeteilt. Medientheoretisch wurden dann die Unterschiede zwischen Boulevard- und Qualitätsmedien ausgeführt und die Bedeutung von Informationen hervorgehoben. Mittels einer Stichprobe aus 221 Artikeln mit dem inhaltlichen Schwerpunkt auf Problemfeldern menschlicher Reproduktion in Deutschland, die laut des Artikels entweder im Geschlecht oder im Alter eines oder beider Elternteile gründen, wurde mit ATLAS.ti eine qualitative Inhaltanalyse nach Mayring durchgeführt. Die Artikel stammten aus sieben Printmedien (Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Der Spiegel, Die Zeit, Brigitte, Men’s Health, Bild), wovon Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Der Spiegel und Die Zeit den Qualitätsmedien zugeordnet wurden. Brigitte, Bild und Men’s Health wurden als Boulevardmedien klassifiziert. Anschließend wurde ausgewertet, wie sich die Darstellung des Alters von Frauen und Männern unterscheidet und welche Argumente Boulevard- und Qualitätsmedien zur Begründung von Altersgrenzen verwenden und ob diese sich mit den in der Literaturrecherche gefundenen Argumenten decken. Hierbei zeigte sich, dass das Alter von Frauen häufiger thematisiert wurde. Es gab eine Häufung der Nennung von Alter zwischen 30 und 40 Jahren, besonders häufig wurden 35 Jahre genannt. Das Alter von Männern wurde seltener beschrieben und 46-50 Jahre wurde bei Männern am häufigsten genannt. Hinsichtlich der verwendeten Argumente gab es keine großen Unterschiede zwischen den Qualitäts- und Boulevardmedien: Beide Medienarten informierten insgesamt ausgeglichen und nannten sowohl Pro- als auch Kontra-Argumente – mit einer leichten Überlegenheit der Qualitätsmedien gegenüber den Boulevardmedien bei der Bandbreite der berichteten Kontra-Argumente. Eine Stereotypisierung fand anhand von nicht numerischen Altersangaben („Oma-Mama“, „Opa-Dads“) statt. Anders als es im Sinne des eingangs besprochenen „double standard of aging“ zu erwarten gewesen wäre, betraf diese Stereotypisierung jedoch beide Geschlechter und auch beide Medienarten gleichermaßen. Für die Zukunft wäre die Erweiterung der fundierten und ausgewogenen Berichterstattung über die Auswirkungen des Alters auf die Fertilität von Frauen und vor allem auch von Männern wünschenswert. Auch die Grenzen der Möglichkeiten und die rechtlichen und finanziellen Herausforderungen der assistierten reproduktiven Techniken sollten thematisiert werden. Nur mit ausreichend Wissen kann reproduktive Autonomie gefördert werden. Dabei können die Medien mitwirken und sowohl das individuelle als auch das gesellschaftliche Bewusstsein unterstützen.
Schlagwörter: späte Elternschaft; späte Mutterschaft; späte Vaterschaft; Medienanalyse; Medizinethik; Altersgrenzen; ethische Analyse