Veränderungen der Ultrastruktur des axonalen Cytoskeletts während der akuten axonalen Degeneration
Changes in the ultrastructure of the axonal cytoskeleton during acute axonal degeneration
by Arndt Lucas Biller
Date of Examination:2025-02-27
Date of issue:2025-02-06
Advisor:PD Dr. Jan C. Koch
Referee:PD Dr. Jan C. Koch
Referee:Prof. Dr. Christine Stadelmann-Nessler
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Format:PDF
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Abstract
English
The ultrastructure of the cytoskeleton of axons shows a periodically arranged sub-plasmalemmal membrane skeleton. It is formed by ring-shaped actin filaments and associated membrane proteins and is connected by spectrin tetramers. It was first described using super-resolution microscopy, which enables light microscopic resolution and dynamic imaging below the diffraction limit. Axonal degeneration is a central phenomenon in many neurological diseases, including inflammatory, chronic degenerative or traumatic origin. This does not imply a shared pathomechanism, but rather different forms of axonal degeneration depending on the type and location of the damage. There are clear differences in the central and peripheral nervous system or in the comparison of the distal and proximal axon after a traumatic lesion. While the destruction of the distal axon, via Wallerian degeneration, is predominantly physiological and obligatory, the proximal part of the axon undergoes a different complex degeneration program after a
Keywords: Neurology; Acute axonal degeneration; STED microscopy; Microfluidic cell culture chamber; Membrane-associated periodic skeleton
German
Die Ultrastruktur des Zytoskeletts von Axonen weist ein periodisch angeordnetes sub-plasmalemmales Membranskelett auf. Es wird durch ringförmig angeordnete Aktinfilamente sowie assoziierte Membran-Proteine gebildet und durch Spektrin-Tetramere verbunden. Die Erstbeschreibung gelang durch super-resolution microscopy, deren Einsatz lichtmikroskopische Auflösungen und dynamische Bildgebung unterhalb der Beugungsgrenze ermöglicht. Axonale Degeneration ist ein zentrales Phänomen zahlreicher neurologischer Erkrankungen, einschließlich entzündlichen, chronisch degenerativen oder traumatischen Ursprungs. Dabei handelt es sich nicht um einen geteilten Pathomechanismus, sondern um verschiedene Formen der axonalen Degeneration je nach Art und Ort der Schädigung. So zeigen sich deutliche Unterschiede im zentralen- und peripheren Nervensystem oder im Vergleich des distalen- und proximalen Axons nach traumatischer Läsion. Während dabei der Untergang des distalen Axons, über Wallersche Degeneration, überwiegend physiologisch und obligat ist, unterliegt der proximale Anteil des Axons nach Axotomie einem anderen komplexen Degenerationsprogramm, der Akuten axonalen Degeneration, dessen genaue Mechanismen bisher unzureichend verstanden sind. Zur Charakterisierung der dynamischen Veränderungen des axonalen Zytoskeletts während der traumatischen Akuten axonalen Degeneration, analysierten wir in dieser in vitro-Studie das axonale membrane periodic skeleton in kortikalen Neuronenkulturen von Ratten in einem mikrofluidischen Kammersystem nach traumatischer Axotomie durch Vakuumaspiration. Die Bildgebung erfolgte mittels stimulated emission depletion-Mikroskopie, einer hochauflösenden Lichtmikroskopietechnik in Nanometer-Größenordnung. Die 11 Tage alten Axone in vitro wurden in immunzytochemischer Färbung gegen das membrane periodic skeleton-Protein βII-Spektrin sowie gegen βIII-Tubulin, als Bestandteil der axoskelettalen Mikrotubuli, markiert. In den untersuchten Messzeitpunkten von 5 Minuten bis 72 Stunden nach Axotomie zeigt sich ein bereits nach wenigen Minuten einsetzendender Verlust der Spektrin-Membranperiodizität, ausgehend von der Läsion. Dieser Effekt wird zeitlich-örtlich proximal, entlang des Axonsverlaufs fortgeleitet, sodass nach 72 h eine Affektion des nahezu gesamten membrane periodic skeleton zu beobachten ist. Es ist wahrscheinlich, dass dieser Degeneration ein aktiver Propagationsprozess zugrunde liegt, der durch die kalziumabhängige Protease Calpain beeinflusst wird. Unsere Ergebnisse stützen damit eine dying-back Hypothese, laut der ein früher Verlust des membrane periodic skeleton einer Fragmentierung des Axons und der Apoptose des Neurons vorausgeht. Weiter konnten wir die Bildung von ovalen axonalen Schwellungen, sogenannten Bulbs, während der Akuten axonalen Degeneration in unmittelbarer Nähe der Läsion nachweisen. Genau wie der frühe Verlust der βII-Spektrin-Membranperiodizität beginnt die Bildung von Bulbs bereits wenige Minuten nach der Axotomie. Bulbs können unterteilt werden in axonal endständige, solitäre retraction-bulbs oder multiple degeneration-bulbs entlang der Axone, deren Auftreten durch kalziumabhängige Proteolyse und sowie durch einen defizienten axonalen Transport begünstigt wird. Aufgrund der zeitlichen Dynamik gehen wir auch bei der Entwicklung der Bulbs von einem aktiv propagierten Prozess, ähnlich der Degeneration des membrane periodic skeleton aus. Bulbs lassen sich positiv gegenüber βII-Spektrin oder βIII-Tubulin in der Immunzytochemie anfärben, wobei die Anzahl der βIII-Tubulin-positiven Bulbs, insbesondere nach 24 Stunden überwiegt. Eine wahrscheinliche Erklärung dafür ist, dass es sich bei diesen vielen, kleinen Bulbs um debris handelt: vom Axon losgelöste ovale Konglomerate aus Bruchstücken der degenerierenden Axone. Bulbs durchlaufen dynamische morphologische Veränderungen und nehmen innerhalb von 6 Stunden nach Axotomie deutlich an Umfang und Anzahl zu, die meisten Bulbs bilden sich dann aber innerhalb von 24 Stunden wieder zurück. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass es zu einer Akkumulation von Mitochondrien innerhalb der Bulbs kommt, was einerseits als Zeichen einer akuten zellulären Stress-Antwort interpretiert werden kann, andererseits aber vielleicht auch eine Folge des gestörten axonalen und mitochondrialen Transports darstellt. Zusammenfassend gelang in dieser Arbeit eine detaillierte mikroskopische Aufschlüsselung der dynamischen Veränderungen innerhalb der Ultrastruktur des Zytoskeletts von Axonen im Modell der traumatischen Akuten axonalen Degeneration. Sie stellt damit einen weiteren Baustein in der Grundlagenforschung zur Neurodegeneration dar, um perspektivisch die zugrundeliegenden biomolekularen Mechanismen zu entschlüsseln und zukünftige therapeutische Ziele zu definieren.
Schlagwörter: Neurologie; Akute axonale Degeneration; STED-Mikroskopie; Periodisches Membranskelett