Differenzierung bakterieller Krankheitserreger einer ventilator-assoziierten Pneumonie mittels Ionenmobilitätsspektrometrie am Kleintiermodell
Differentiation of bacterial pathogens of a ventilator associated pneumonia using ion mobility spectrometry in a small animal model
by Jakob Luther
Date of Examination:2021-11-24
Date of issue:2021-11-24
Advisor:PD Dr. Nils Kunze-Szikszay
Referee:PD Dr. Thorsten Perl
Referee:PD Dr. Michael Weig
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Name:eDiss_Differenzierung_bakterieller_Erreger_m...pdf
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Format:PDF
Abstract
English
The detection of microbial volatile organic compounds or host response markers in the exhaled gas could give an earlier diagnosis of ventilator-associated pneumonia. Gas chromatography-ion mobility spectrometry enables noninvasive, rapid, and sensitive analysis of exhaled gas. Using a rabbit model of ventilator-associated pneumonia we determined if gas chromatography-ion mobility spectrometry is able to detect 1) ventilator-associated pneumonia specific changes and 2) bacterial species-specific changes in the exhaled gas. Animals were anesthetized and mechanically ventilated. To induce changes in the composition of exhaled gas we induced ventilator-associated pneumonia via endobronchial instillation of either Escherichia coli group (n = 11) or Pseudomonas aeruginosa group (n = 11) after 2 hours of mechanical ventilation. In a control group (n = 11) we instilled sterile lysogeny broth endobronchially. Gas chromatography-ion mobility spectrometry gas analysis, CT scans of the lungs, and blood samples were obtained at four measurement points during the 10 hours of mechanical ventilation. The volatile organic compound patterns in the exhaled gas were compared and correlated with ventilator-associated pneumonia severity. Sixty-seven peak areas showed changes in signal intensity in the serial gas analyses. The signal intensity changes in 10 peak regions differed between the groups. Five peak areas (P_648_36, indole, P_714_278, P_700_549, and P_727_557) showed statistically significant changes of signal intensity. This is the first in vivo study that shows the potential of gas chromatography-ion mobility spectrometry for early detection of ventilator-associated pneumonia specific volatile organic compounds and species differentiation by noninvasive analyses of exhaled gas.
Keywords: MCC-IMS; ventilator associated pneumonia; Ion mobility spectrometry; multi capillary column; volatile organic compound; VOC; VAP; E. coli; Pseudomonas aeruginosa
German
Die ventilatorassoziierte-Pneumonie (VAP) ist vor allem in der Intensivmedizin ein häufig anzutreffendes Krankheitsbild und gehört zu den häufigsten nosokomialen Infektionen im intensivmedizinischen Bereich. Für beatmete Patienten stellt die VAP eine ernste Komplikation dar, welche die Beatmungs- und Verweildauer auf Intensivstationen verlängert, somit ebenfalls die Behandlungskosten erhöht und mit einer erhöhten Mortalität assoziiert ist. Das rasche Erkennen einer VAP und eine Verkürzung der Befundumlaufzeiten von etwa 48-96 Stunden bei der konventionellen mikrobiologischen Diagnostik könnte eine frühzeitige und adäquate antibiotische Intervention ermöglichen. Der frühe Beginn einer adäquaten antibiotischen Therapie bei einer VAP hat positiven Einfluss auf das Outcome von Intensivpatienten, die Liegedauer und die Behandlungskosten. Ebenso könnte das Risiko der Resistenzentwicklung durch inadäquate antibiotische Therapien vermindert werden. Innovative genomische Verfahren, wie z. B. multiplex-PCR, und proteomische Verfahren, wie z. B. MALDI-TOF-MS, konnten bisher die Zeitspanne bis zur Identifizierung des Erregers verkürzen. Einen weiteren und vergleichsweise neuen Ansatz für eine schnelle Erregerdiagnostik stellt die Messung volatiler organischer Verbindungen (VOC) mittels Ionenmobilitätsspektrometrie dar. Grundlage dieses metabolomischen Verfahrens ist der Umstand, dass Bakterien und Pilze spezifische volatile Metabolite an ihre Umwelt abgeben, anhand derer ihre Differenzierung bzw. Identifizierung möglich sein kann. Verschiedene in-vitro Voruntersuchung zeigten erfolgreich, dass eine Differenzierung von Erregern anhand volatiler organischer Verbindungen mittels der Ionenmobilitätsspektrometrie in kurzer Zeit möglich ist. Ausgehend von diesen Studien untersucht vorliegende Studie die Anwendbarkeit der Multikapillarsäulen-gekoppelten Ionenmobilitätsspektrometrie (MCC-IMS) zur Atemgasanalyse bei einer VAP an einem in-vivo Säugetiermodell. Ziel hierbei ist das frühzeitige Erkennen einer VAP sowie die Differenzierung zwischen den zwei bedeutenden Erregern dieses Krankheitsbildes Escherichia coli (E. coli) und Pseudomonas aeruginosa (P. aeruginosa). Die Ionenmobilitätsspektrometrie ist ein analytisches Verfahren, das bisher v. a. in nichtmedizinischen Bereichen Anwendung findet. So etablierte es sich z. B. in der industriellen Prozesskontrolle für den Nachweis von Verunreinigungen, der umwelttechnischen Luftgütekontrolle oder für die Detektion chemischer Kampfstoffe. Die Ionenmobilitätsspektrometrie basiert auf der Bewegung ionisierter Analyten in einem Magnetfeld. Durch einen dieser Bewegung entgegengesetzten Driftgasfluss kommt es zur Auftrennung der Analytionen im Magnetfeld in Abhängigkeit von ihrer Mobilität. Die spezifische Ionenmobilität bzw. Driftzeit ermöglicht hierbei die Identifizierung, die gemessene Signalintensität die Quantifizierung einer Substanz. Zur Analyse komplexer 74 und feuchter Gasproben wie der Exspirationsluft ist eine gaschromatographische Vortrennung der Probe notwendig. Hierfür erfolgte in vorliegendem Versuchsaufbau die Kopplung des Ionenmobilitätsspektrometers mit einer Multikapillarsäule. In dieser kommt es durch Retention zur Auftrennung verschiedener Substanzen in der zu untersuchenden Probe. Die sich aus dieser Vortrennung ergebende Retentionszeit erleichtert als weiterer Parameter die Identifizierung der Analyten. In vorliegender Untersuchung erfolgten Messungen an insgesamt 33 Kaninchen. Diese wurden randomisiert in zwei Pneumonie-Gruppen (E.-coli-Gruppe und P.-aeruginosa-Gruppe) von jeweils 11 Versuchstieren und eine Kontrollgruppe von 11 Versuchstieren eingeteilt. Alle Tiere wurden narkotisiert, endotracheal intubiert und für insgesamt 10 Stunden maschinell beatmet. Bei den Tieren der Pneumonie-Gruppen erfolgte nach zweistündiger Beatmung die Induktion einer Pneumonie mittels endobronchialer Installation von Keimlösungen mit E. coli bzw. P. aeruginosa. In der Kontrollgruppe erfolgte lediglich die Installation von sterilem LB-Flüssigmedium. Hiernach wurden alle Versuchstiere weitere acht Stunden beatmet. An insgesamt vier Messzeitpunkten erfolgte die Atemgasanalyse mittels MCC-IMS. Außerdem erfolgten zu allen Messzeitpunkten CTAufnahmen der Lungen, Blutgasanalysen und die Bestimmung der Leukozytenzahl im Blut. Zum Abschluss eines jeden Versuchs erfolgte des Weiteren post-mortem die histopathologische Untersuchung des Lungenparenchyms und die mikroskopische Bestimmung des Entzündungsgrades anhand eines Pneumonie-Scores. Die korrelierenden Ergebnisse der Blutgasanalyse, Leukozytenzahlen, CT-Aufnahmen und der histopathologischen Untersuchung zeigten, dass mit der hier verwendeten Technik die Induktion einer ausgedehnten Pneumonie erfolgreich war, auf deren Grundlage die Messungen in den Pneumoniegruppen erfolgten. Bei 13 der insgesamt 67 untersuchten Peak-Areale kam es zu relevanten Unterschieden der Signalintensitäten zwischen den Versuchsgruppen. Diese wurden daher als potentielle Diskriminatoren der einzelnen Versuchsgruppen erachtet und weitergehend untersucht. Die meisten Unterschiede der Signalintensitäten erwiesen sich als nicht signifikant. In den fünf Peak-Arealen P_648_36, P_727_557, Indol, P_714_278 und P_700_549 kam es zu signifikanten Signalveränderungen. Im Ergebnis war eine Differenzierung der Pneumonie-Gruppen von der Kontrollgruppe anhand der Substanzen P_714_278 und P_727_557 möglich. Ebenfalls erwies sich eine Differenzierung der E.-coli-Pneumoniegruppe von der P.-aeruginosa-Pneumoniegruppe anhand der Substanzen P_648_36, P_700_549 und Indol als möglich. Als bedeutender Diskriminator zwischen den beiden Pneumoniegruppen erwies sich die auch aus in-vitro Voruntersuchungen bekannte Substanz Indol, die eine frühzeitige eine Differenzierung zwischen den Pneumoniegruppen erlaubte. Die kurze Dauer bis zum Vorliegen der Ergebnisse lässt den Einsatz der MCC-IMS als online- Verfahren möglich erscheinen. Der technische Aufwand der Ionenmobilitätsspektrometrie ist im Vergleich zu massenspektrometrischen Verfahren vergleichsweise gering. Allerdings bestehen 75 technische Limitationen, wie z. B. die zuverlässige Identifizierung der endexspiratorischen Phase, aber auch pathophysiologische Limitationen, die weitergehender Untersuchungen bedürfen. Die Multikapillarsäulen-gekoppelte Ionenmobilitätsspektrometrie erwies sich als ein innovatives, nicht-invasives, zuverlässiges und schnelles Verfahren der Atemgasanalyse zur Identifizierung von zwei exemplarischen Pneumonie-Erregern. Ein zukünftiger Einsatz als ein bettseitig einsetzbares online-Analyseverfahren erscheint insgesamt, eine Weiterentwicklung und Verbesserung vorausgesetzt, als denkbar. Eine Verwendung als Diagnostikum im klinischen Alltag könnte die Zeit bis zum Beginn einer adäquaten kalkulierten antibiotischen Therapie bei VAP deutlich verringern und somit positiven Einfluss auf das Outcome von Intensivpatienten haben.
Schlagwörter: Ventilator-assoziierte Pneumonie; VAP; MCC-IMS; Ionenmobilitätsspektrometrie; Atemgasanalyse; Volatile organische Verbindung; VOC; bakterielle VOC; volatile organic compound; Multikapillarsäule; multi capillary column; E. coli; Pseudomonas aeruginosa; VAP Kleintiermodell