Zwischen Funktion und Leistung
Zur systemtheoretischen Kritik des Sportbegriffs
Between function and performance
The social system of sport
by Anselm Seven
Date of Examination:2006-07-10
Date of issue:2007-04-24
Advisor:PD Dr. Wolfgang Buss
Referee:PD Dr. Sven Güldenpfennig
Referee:Prof. Dr. Wulf Hopf
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Format:PDF
Description:Dissertation
Abstract
English
It seems almost impossible for a spectator to draw a distinction between sport and its social environment in postmodern times. And even if the effort is undertaken to draw such a distinction it usually remains indifferent and vague. This terminological variety leads in consequence to a proliferating concept of the verbally constructed reality of sport. Everything may be regarded as sport just because it is named so. This formal anything goes may be acceptable in everyday life, in positivistic discourse it becomes a problem. Terminological accuracy is the prerequisite of any distinction. Though such an act of denomination must remain a subjective and latent entity, it is a necessary contribution which keeps the heuristic process alive. This doctoral thesis is trying to find a definition of sport based on the paradigm of Luhmann s theory of social systems. Sport is regarded as the social system of competitive games concerning movement. There is a strong emphasis on the element of contest to be found in this definition which distinguishes sport from familiar movement-related activities such as ballet and so-called health sports . A major advantage of Luhmann s concept in this context is the strict distinction between primary function (Funktion) and secondary performance (Leistung). While the first part of this thesis is concerned with the function of sport, which defines its social value and necessity, the second part deals with an additional performance of the social system of sport, i.e. the subject Physical Education. The terminological opening of sport in postmodernity has increased sport s social acceptance and inclusion but goes along with an immense threat to the social system of sport. If sport is not able to maintain its original function and its autonomy, the social system of competitive games concerning movement is endangered of becoming a modern relict in the world history of human movement.
Keywords: sport; sports; social system; Luhmann; postmodernity; postmodern
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Sport von seiner Umwelt zu unterscheiden erscheint in der ausdifferenzierten Gesellschaft der Postmoderne nahezu unmöglich. Wenn eine solche Unterscheidung überhaupt versucht wird, so verbleibt sie zumeist auf einem sehr vagen Niveau. Diese terminologische Vielfalt ermöglicht es, das kognitive Konzept der kommunikativ konstruierten Sportwirklichkeit nahezu beliebig auszuweiten, so dass in letzter Konsequenz alles zu Sport zu werden scheint. Dieses formale anything goes mag im umgangssprachlichen Sprechen über Sport legitimen Charakter besitzen, wissenschaftlich erscheint es kontraproduktiv, da sprachliche Exaktheit überhaupt erst die reflektierende Abgrenzung eines Phänomens von seiner Umwelt ermöglicht. Auch wenn ein solcher Akt des Benennens immer nur ein Provisorium darstellen und niemals einen Anspruch auf Absolutheit erheben kann, sind es gerade solche subjektiven Diskussionsbeiträge, die den positivistischen Prozess am Leben erhalten. Die hier vorliegende Arbeit bemüht sich um eine ebensolche trennscharfe Realdefinition des Sports auf der Basis der Luhmannschen Systemtheorie. Hierbei wird Sport als das soziale System des regelgeleiteten Bewegungswettkampfspiels definiert und durch diese Akzentuierung des agonalen Aspekts von ihm verwandten bewegungskulturellen Mustern wie z.B. dem Ballett oder dem Jahnschen Turnen unterschieden. Ein wesentlicher Vorteil des Luhmannschen Paradigmas liegt hierbei in der strikten Trennung von primärer Funktion und sekundärer Leistung. Während im ersten Teil der Arbeit die singuläre Funktion des Sports, die seine gesamtgesellschaftliche Wertigkeit ausmacht und ihn somit als kulturellen Teilbereich legitimiert, semantisch gefüllt wird, so wird im zweiten Hauptteil exemplarisch eine über die originäre Funktion hinaus verweisende pädagogische Leistungsanforderung an das System des Sports ─ das Unterrichtsfach Sport ─ auf ihre Legitimität hin untersucht. Die terminologische Öffnung des Sports in der Postmoderne hat dem Sportsystem eine Vielzahl von Vorteilen, namentlich z.B. eine gesteigerte gesellschaftliche Reputation und erhöhte Möglichkeit der Inklusion breiter Schichten der Bevölkerung, erbracht, bedeutet aber in ihrer Konsequenz eine kaum zu überschätzende Gefährdung der gesellschaftlichen Autonomie des Systems. Sollte es dem Sport nicht gelingen, sich auf seinen eigentlichen Sinnkern, auf seine sportliche Funktion, zurückzubesinnen, so droht das regelgeleitete Bewegungswettkampfspiel des Sports als modernes Rudiment zu einer Fußnote der Weltgeschichte der Bewegung zu werden.
Schlagwörter: Sport; Systemtheorie; Luhmann; Postmoderne; Sportbegriff