Ungewissheit als zentrale Erfahrung
Eine qualitative Studie zum Krankheitserleben von Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen
Uncertainty as a main experience
A qualitative study about illness experiences of people with inflammatory bowel disease
by Alexander Palant
Date of Examination:2017-08-04
Date of issue:2017-08-18
Advisor:Prof. Dr. Wolfgang Himmel
Referee:Prof. Dr. Wolfgang Himmel
Referee:Prof. Dr. Ilona Ostner
Referee:Dr. Ottomar Bahrs
Referee:Prof. Dr. Steffen Kühnel
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Name:Dissertation_Palant_Ungewissheit_Veröffentlichung.pdf
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Format:PDF
Abstract
English
Inflammatory bowel disease (IBD) comprises Crohn's disease, ulcerative colitis and indeterminate colitis. There are approximately 300.000 people in Germany, who got diagnosed with this chronic relapsing–remitting inflammatory condition of the intestines. Most of the people with IBD experience diarrhea and stomach pain. Those symptoms often lead to restrictions in different areas of the day to day life. One of the big challenges in coping with a chronic condition – and especially with IBD – is uncertainty, a feeling defined as “the inability to determine the meaning of illness-related events”. The goal of this dissertation was to better understand the experiences with and impact of uncertainty on the day to day life of patients with IBD. 20 narrative Interviews were analyzed, to determine which factors influence uncertainty, which areas of the daily life are most affected and what strategies people are using to try to continue a normal course of their life despite all the strugglers. The main research question was: ‘What role does the concept of uncertainty play for people with IBD?’ The interviews for this study were gathered for a German website ‘krankheitserfahrungen.de’. The project behind this web page aims to collect, edit and present a wide range of experiences of people with different health issues. Grounded Theory was used to analyze the interviews. This methodology consists of analyzing, coding (open, axial and selective) und interpreting text passages. Statements of the participants were analyzed and categories were developed. By putting the categories in connection to each other, a model (coding paradigm) with “uncertainty” as the main category was developed in the end of the analysis. With the help of qualitative research methods, we were able to better understand the inner life of our participants and make their experiences more comprehensible, in contrast to a more abstract representation in the previous literature. Uncertainty plays an important role in the life of people with IBD. It can be found in almost all important areas of life, where it has an enormous impact on the day routine. These realizations led us to the understanding of uncertainty as a multidimensional construct that makes the day to day life of people with IBD irregular and impossible.
Keywords: inflammatory bowel disease; qualitative research; uncertainty; grounded theory
German
Zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) gehören Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Colitis indeterminata. In Deutschland sind ca. 300.000 Menschen von diesen unheilbaren Erkrankungen betroffen, die in der Regel durch schwere Durchfälle sowie Magenschmerzen gekennzeichnet sind und einen schubförmigen Verlauf aufweisen. Die Betroffenen empfinden darüber hinaus starke Einschränkungen in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens. Eine weitere große Herausforderung bei der Anpassung an eine chronische Erkrankung ist die Ungewissheit, welche ein besonders beherrschendes Thema für Menschen mit CED darstellt. Das Empfinden von Ungewissheit wird als “the inability to determine the meaning of illness-related events” definiert. Das Ziel der Dissertation bestand darin, das Erleben und die Auswirkungen von Ungewissheit auf Personen mit CED besser zu verstehen. Auf der Basis einer Ansammlung von 20 narrativen Interviews wurde erforscht, welche Faktoren aus der Sicht der Betroffenen Ungewissheit fördern, welche Bereiche des Lebens der Erkrankten davon beeinflusst werden und welche Strategien die Betroffen nutzen, um ihren Alltag trotz der Einschränkungen zu meistern. Die zentrale erkenntnisleitende Frage lautete: ‚Welche Rolle spielt das Konzept ‚Ungewissheit‘ im Leben von Menschen mit einer CED?‘ Die Arbeit entstand im Rahmen des Projektes ‚krankheitserfahrungen.de‘. Hierbei handelt es sich um ein Website-Projekt, das zur Aufgabe hat, mit Hilfe von Ausschnitten aus Interviews, die Erfahrungen von Menschen mit unterschiedlichen gesundheitlichen Problemen zu sammeln, aufzubereiten und in einer systematischen Form im Internet zu präsentieren. Die Analyse folgte der Methode der Grounded Theory. Das bedeutet, dass die Interviews während der gesamten Forschung analysiert, kodiert (offenes, axiales und selektives Kodieren) und interpretiert wurden. Konzepte der Betroffenen wurden in Form zentraler Kategorien entwickelt und zunehmend verfeinert. Am Ende entstand ein Modell (Kodierparadigma) mit dessen Hilfe die Verbindungen zwischen den einzelnen Achsenkategorien aufgezeigt werden konnten, in deren Mitte sich die Hauptkategorie ‚Ungewissheit‘ befand. Mit Hilfe dieser qualitativen Erhebungs- und Auswertungsverfahren sollte es ein Stück weit gelungen sein, die Innen- und Lebenswelten der Befragten zu verstehen und in Form einer erfahrungsorientierten Beschreibung – im Gegensatz zur eher abstrakten Form in der bisherigen Literatur – nachvollziehbar zu machen. Ungewissheit spielt eine zentrale Rolle im Leben von Menschen mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung. Sie findet sich nicht nur in fast allen wichtigsten Lebensbereichen des alltäglichen Lebens, sondern durchdringt förmlich diese und hat einen enormen Einfluss auf das Erleben. Diese Erkenntnisse führten zu dem Verständnis einer Multidimensionalität, die zu einer Unregelmäßigkeit und Unmöglichkeit eines normalen Alltags führt.
Schlagwörter: chronisch-entzündliche Darmerkrankungen; qualitative Sozialforschung; Ungewissheit; Grounded Theory