Adaptierte wissenschaftliche Literatur
Charakteristika und Potential zur Vermittlung von Nature of Science
Adapted scientific literature
Characteristics and potential for promoting nature of science
von Hilko Aljets
Datum der mündl. Prüfung:2023-12-08
Erschienen:2024-01-19
Betreuer:Prof. Dr. Thomas Waitz
Gutachter:Prof. Dr. Thomas Waitz
Gutachter:Prof. Dr. Kerstin Strecker
Dateien
Name:Aljets_AdaptierteWissenschaftlicheLiteratur.pdf
Size:6.93Mb
Format:PDF
Description:Dissertation
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Zusammenfassung
Englisch
Science communication is changing, driven by the huge potential of the Internet. The importance of traditional media, and thus the influence of gatekeepers such as science journalists, continues to decline in favor of social media, which is why the dissemination of uncurated scientific information is on the rise. At the same time, science education cannot anticipate what kind of content might become important in the future to deal with misinformation. One promising solution could be a shift in formal education towards providing an understanding of the science system to increase public confidence in science and to allow non-experts to assess the credibility of scientific statements without having to understand their content in detail. These skills will become increasingly important in the future in order to be able to participate in global debates. Reading scientific texts could be a useful tool to make this change happen. Publishing scientific information is central for the acquisition of knowledge in science; communication channels are thereby designed around their function and inherently reflect the characteristics of science. The concept of adapted scientific literature (ASL) enables high school and university students to read authentic scientific literature in an adapted form. This thesis explains the basics of the concept and its origins in the concept of the adapted primary literature (APL), and then examines the characteristics of this text genre and its potential for teaching Nature of Science (NOS). One of the characteristics of ASL that was investigated was the readability of the texts. Overall, the results show improved readability of ASL texts compared to their originals and, as expected, lower readability compared to textbook texts. As a proxy for linguistic features, naive Bayes classifiers and support vector classifiers were used to analyze the quantity of expressions used to negotiate uncertainty (hedging) and their distribution in the respective progression of the text. It was found that the proportion of hedging in the groups of ASL or their original articles differed significantly from textbook texts in each case. The comparison of the distribution of hedging in the text between ASL and the original results in approximately the same trajectory, but a slightly higher density in the introduction of the original literature. This can probably be explained by the adaptation process, since less uncertain prior knowledge is included in the introduction of the adaptation. Moreover, the density is proportionally higher in the last third of ASL texts. Finally, a theoretical analysis determined the potential of scientific literature for teaching NOS by linking textual characteristics to NOS aspects. A quantitative study in a pre-post test design examined the influence of reading an ASL article on the selected aspects of uncertainty and tentativeness, subjectivity and objectivity, and the empirical nature of science. Despite good prior knowledge results, positive effects could be found regarding the change of understanding of these aspects, therefore reading ASL can be used as a promising tool for teaching NOS.
Keywords: adapted scientific litertaure; adapted primary literature; science communication; chemical education; readability; nature of science; hedging
Deutsch
Durch die Möglichkeiten des Internets befindet sich die Wissenschaftskommunikation im Wandel. Die Bedeutung klassischer Medien, und damit auch der Einfluss von Gatekeepern wie Wissenschaftsjournalist* innen, nimmt immer weiter zugunsten von Social Media ab, weshalb die Verbreitung von nicht kuratierten wissenschaftlichen Informationen zunimmt. Gleichzeitig kann in der naturwissenschaftlichen Bildung nicht antizipiert werden, welche Inhalte zukünftig notwendig werden könnten, um mit Fehlinformationen umzugehen. Ein Ausweg könnte ein Wandel der formalen Bildung hin zur Vermittlung eines Verständnisses über das Wissenschaftssystem sein, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Wissenschaft zu stärken, und damit Laien die Glaubwürdigkeit wissenschaftlicher Aussagen beurteilen können, ohne deren Inhalt im Detail verstehen zu müssen. Diese Fähigkeiten werden in Zukunft immer wichtiger, um an den globalen Debatten partizipieren zu können. Die Lektüre von wissenschaftlichen Texten könnte eine Möglichkeit sein, um diesen Wandel zu evozieren. Das Publizieren wissenschaftlicher Informationen ist zentral für die Erkenntnisgewinnung in der Wissenschaft; die Kommunikationswege sind dabei an deren Funktion ausgerichtet und reflektieren inhärent die Eigenschaften der Wissenschaften. Originale wissenschaftliche Literatur stellt jedoch in der Regel zu hohe Anforderungen an die Verständlichkeit des Textes. Mit dem Konzept der adaptierten wissenschaftlichen Literatur (adapted scientific literature, ASL) wird für Schüler*innen und Studienanfänger*innen die Lektüre authentischer wissenschaftlicher Literatur in adaptierter Form ermöglicht. In dieser Arbeit werden die Grundlagen der Konzeption und ihr Ursprung aus der adapted primary literature (APL) erklärt, um dann die Eigenschaften dieser Textgattung und ihr Potential für die Vermittlung von Nature of Science (NOS) zu untersuchen. Eine der Eigenschaften von ASL, die untersucht wurde, ist die Lesbarkeit der Texte. Insgesamt zeigen die Ergebnisse eine verbesserte Lesbarkeit von ASL-Texten gegenüber ihren Adaptionsvorlagen und erwartungsgemäß eine geringere Lesbarkeit im Vergleich zu Schulbuchtexten. Stellvertretend für linguistische Merkmale wurde mithilfe von naive Bayes classifiers und support vector classifiers die Nutzung von Hedging, also von Ausdrücken zur Aushandlung von Unsicherheiten, in ihrer Quantität und ihrer Verteilung im jeweiligen Textverlauf maschinell analysiert. Dabei konnte festgestellt werden, dass sich der mittlere Anteil des Hedgings in den Gruppen der ASL-Artikel und deren Originalvorlagen jeweils signifikant vom mittleren Anteil der Schulbuchtexte unterscheiden. Der Vergleich des Verlaufs des Hedgings im Text zwischen ASL und Original ergibt einen ungefähr gleichen Verlauf, allerdings eine etwas höhere relative Dichte zu Beginn der Originalliteratur und zum Ende der ASL-Texten. Wahrscheinlich ist dies durch die Adaptierung zu erklären, da in der Einleitung der Adaption weniger unsicheres Vorwissen inkludiert wird. Abschließend wurde durch eine theoretische Analyse das Potential von wissenschaftlicher Fachliteratur für die Vermittlung von NOS bestimmt, indem textuelle Charakteristika mit NOS-Aspekten verknüpft wurden. Eine quantitative Untersuchung im Pre- Post-Testdesign untersuchte den Einfluss der Lektüre eines ASL-Artikels auf die ausgewählten Aspekte der Unsicherheit und Vorläufigkeit, Subjektivität und Objektivität und der empirischen NOS. Trotz gutem Vorwissensergebnissen ließen sich positive Effekte bezüglich der Veränderung des Verständnisses dieser Aspekte finden, weshalb die Lektüre von ASL als ein vielversprechendes Werkzeug zur Vermittlung von NOS eingesetzt werden kann.
Schlagwörter: Adaptierte wissenschaftliche Literatur; Adaptierte Primärliteratur; Wissenschaftskommunikation; Chemiedidaktik; Lesbarkeit; Nature of Science; Hedging