Generationswechsel in kleinen Familienbetrieben als biographische Arbeit
Eine empirische Studie
Alternation of generations in small family businesses as biographical work
An empirical study
by Regina Wenk
Date of Examination:2005-07-14
Date of issue:2007-07-24
Advisor:Prof. Dr. Heide Inhetveen
Referee:Prof. Dr. Heide Inhetveen
Referee:Prof. Dr. Gabriele Rosenthal
Referee:Prof. Dr. Achim Spiller
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Format:PDF
Description:Dissertation
Abstract
English
More than 90% of all German companies are family businesses and in one-fifth of them an alternation of generations is taking place at present. In spite of varied career possibilities in a multi-option society, almost half the children take over the company. Based on eight narrative interviews, a biography-theoretical analysis perspective on this social phenomenon has been selected in this thesis: In which biographical (selection-) process is the decision for or against a takeover of the family business embedded? In five cases it turned out that the position of the successor, assigned to one of the children from an early age, is particularly structural effective for the business succession and the persons concerned. The alternation of generations in this family businesses can be characterized as takeover of a position . Three further cases show that years of competition in the business succession play an essential role for the takeover process and the successors. The alternation of generations in this family businesses can be characterized as won contest . The introduced case reconstructions demonstrate that the theme justice in alternation of generations in small family businesses is a structure-relevant aspect interlaced in a lifelong process and biographical treated in terms of competition or by taking a position. It also becomes apparent that the traditional rule of succession gender and rank by age in birth order served as justice concept prevailing in wide parts of Germany for a long time is in the process of dissolution. A result of this research says that the two alternative justice concepts interest or achievement increasingly pulled up for legitimation of career choice, and so as well in the course of the business succession decision, also hold risks. Therefore, the concluding thesis is held that both positional and competition-oriented alternations of generations in family businesses need changed relations of acceptance to enable the effectiveness of democratic principles of justice: Mutual esteem among generations, gender and siblings for there so being , just as for their efforts and interests in every stage of life. The management and the orientation of the business after the takeover are an expression of the successor s biographical work. By long everyday experience with the dissolution of boundaries between family life and working life, which are entering increasingly into other fields of work after the industrial modernity, they can be described as a kind of social avant-garde. Closely connected with this, their life stories can be classified as seismographs for the problems in the working world: On the one hand the experience of early competition in all areas of life promotes the development of mental crises; observable in the working life as well. On the other hand the early experience with an assignment of a position promotes a more inflexible, less market-oriented attitude which is badly prepared for the reduction of the claim to status maintaining; as it is politically forced at present. Against the background of the presented results, mainly such systemic oriented, long-term processes of advice and assistance appear to be advantageous which are refraining from the prevailing purpose of advice preservation of the business . Instead of that they support a new balancing in the relations of acceptance by a dialogic cooperation with the actors.
Keywords: biographical reasearch; alternation of generations; familiy business; acknowledgement
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Mehr als 90% aller deutschen Unternehmungen sind
Familienbetriebe und in etwa einem Fünftel davon
vollzieht sich derzeit ein Generationswechsel. Trotz
vielfältiger beruflicher Möglichkeiten in einer
Multioptionsgesellschaft übernimmt fast die Hälfte der
Kinder den Betrieb. Auf der Basis von acht narrativen
Interviews wurde in der vorliegenden Arbeit eine
biographietheoretische Analyseperspektive auf dieses
soziale Phänomen gewählt: In welchen biographischen
(Selektions-) Prozess ist die Entscheidung für oder
gegen eine Übernahme des Familienbetriebes eingebettet?
In fünf Fällen zeigt sich, dass die Position des
Nachfolgers, die einem der Kinder von klein auf
zugewiesen wurde, besonders strukturwirksam für die
Betriebsnachfolge und die Beteiligten ist. Der
Generationswechsel in diesen Familienbetrieben lässt
sich als Übernahme einer Position charakterisieren.
In drei weiteren Fällen zeigt sich, dass die jahrelange
Konkurrenz um die Betriebsnachfolge für den
Übernahmeprozess und die NachfolgerInnen eine
wesentliche Rolle spielt. Der Generationswechsel in
diesen Familienbetrieben lässt sich als gewonnener
Wettkampf charakterisieren. Die vorgestellten
Fallrekonstruktionen zeigen, dass das Thema
Gerechtigkeit im Generationswechsel in kleinen
Familienbetrieben ein strukturrelevanter Aspekt ist,
der in einen lebenslangen Prozess eingeflochten ist und
in Form eines Wettbewerbs oder durch das Einnehmen
einer Position biographisch bearbeitet wird. Es wird
auch deutlich, dass die lange Zeit in weiten Teilen
Deutschlands vorherrschende, traditionelle Erbregelung
Geschlecht und Altersrang in der Geschwisterfolge
dienten als Gerechtigkeitskonzept in Auflösung
begriffen ist. Ein Fazit der vorliegenden Untersuchung
lautet aber, dass die beiden alternativen
Gerechtigkeitskonzepte Interesse oder Leistung , die
zunehmend zur Legitimation von Berufswahl und damit
ebenso im Zuge der Betriebsübernahmeentscheidung
herangezogen werden, auch Gefahren bergen. Daher wird
abschließend die These vertreten, dass sowohl der
positionale, als auch der wettbewerbsorientierte
Generationswechsel in Familienbetrieben veränderte
Anerkennungsverhältnisse benötigt, um die Wirksamkeit
demokratischer Gerechtigkeitsprinzipien zu ermöglichen:
Gegenseitige Wertschätzung der Generationen,
Geschlechter und Geschwister für ihr So Sein , ebenso
wie für ihre Leistungen und Interessen in jeder
Lebensphase. Die Betriebsführung und die Ausrichtung
des Betriebes nach der Übernahme sind Ausdruck der
biographischen Arbeit der NachfolgerInnen. Durch ihre
langjährige, alltägliche Erfahrung mit der Entgrenzung
von Familienleben und Arbeitsleben, die nach der
industriellen Moderne auch in anderen Arbeitsfelder
wieder stärker Einzug hält, lassen sie sich als eine
Art gesellschaftlicher Avantgarde beschreiben. Damit
eng zusammenhängend können ihre Lebensgeschichten
gleichzeitig als Seismographen für die Probleme in der
Arbeitswelt gelten: Auf der einen Seite fördert die
Erfahrung früher Konkurrenz in allen Lebensbereichen
die Entwicklung psychischer Krisen, wie sie auch sonst
im Arbeitsleben zu beobachten ist. Auf der anderen
Seite fördert die frühe Erfahrung einer positionalen
Zuweisung eine eher unflexible, wenig marktorientierte
Haltung, die schlecht vorbereitet ist auf den Abbau des
Anspruches auf Statuserhalt, wie er derzeit politisch
forciert wird. Vor dem Hintergrund der vorgelegten
Ergebnisse erscheinen vor allem solche systemisch
orientierten, langfristigen Beratungs- und
Begleitungsprozesse vorteilhaft, die vom bisher
dominierenden Beratungsziel Erhaltung des Betriebes
Abstand nehmen und stattdessen in einer dialogischen
Zusammenarbeit mit den Akteuren eine neue Balancierung
der Anerkennungsverhältnisse unterstützen.
Schlagwörter: Biographieforschung; Generationswechsel; Familienbetrieb; Anerkennung