Existenz bei Fahr ad-Dīn ar-Rāzī

Abstract

Fakhr ad-Dīn ar-Rāzī (st. 1210) ist in der Geschichte der islamischen Theologie eine zentrale Figur, markiert er doch den Übergang zu einem von den islamischen Philosophen inspirierten kalām. Dieser Band beschäftigt sich im Detail mit einem Aspekt in ar-Rāzīs theologisch-philosophischem Schaffen: Mit seinem Konzept des wuğūd (Sein oder Existenz). Dabei wurde zunächst nach den Vorläufermodellen innerhalb und außerhalb seiner kalām-Schule gefragt. Wie konzipierten Mu‛taziliten, Philosophen und Aš‛ariten vor ihm die Existenz des Schöpfers und der Geschöpfe? Welches Welt- und Gottesbild ist die Basis dieser Konzeptionen? Insbesondere die A‛ariten vertraten ein Weltbild, in dem nur Gott allein eine Wirkmächtigkeit zugestanden wurde. Sie degradierten den Menschen somit zu einer leeren Form, die in jedem Moment von Gott in jedem Aspekt unmittelbar abhängt. Ar-Rāzī betrat hier in gewissem Umfang Neuland. Dies aufzuzeigen, war Ziel der vorliegenden Analyse. Es wird in ihr argumentiert, dass es ar-Rāzī durch die Einführung eines unter anderem von den Philosophen inspirierten Modells der Existenz schaffte, die von den A‛ariten gehaltene „Entleerung“ der Schöpfung wieder zu relativieren. Er machte eine Unterscheidung zwischen der Existenz der Dinge und ihrem Kern und wies diesem Kern der Geschöpfe auf diese Weise wieder einen unmittelbaren eigenen Inhalt zu.