Transformation organischer Schadstoffe und abiotische Bildung von Huminstoffen in Böden durch oberflächeninduzierte Reaktionen an Tonmineralen
Transformation of organic pollutants and abiotic formation of humic substances in soils by surface-induced reactions on clay minerals
by Ulf Birkel
Date of Examination:2001-02-01
Date of issue:2001-04-02
Advisor:Prof. Dr. Gerhard Gerold
Referee:Prof. Dr. Gerhard Gerold
Referee:Prof. Dr. Jürgen Niemeyer
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Format:PDF
Description:Dissertation
Abstract
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Bisher wurde zumeist davon ausgegangen, dass die Genese von Huminstoffen sowie die chemische Transformation und Festlegung organischer Schadstoffe in Böden durch biotische Prozesse bewirkt werden. Der mineralischen Fraktion des Bodens, insbesondere den Tonmineralen, an denen der Großteil der Huminstoffe über ton-organische Komplexe gebunden ist, wurde in den Bodenwissenschaften im Hinblick auf eine aktive Transformation von Organika nur in sehr geringem Umfang Beachtung geschenkt. Im Gegensatz dazu macht sich die industrielle Verfahrenstechnik seit langem die katalytische Aktivität von Tonmineralen in einem breiten Spektrum chemisch-technischer Anwendungen zu Nutze. Aufgrund der hohen Kom-plexität natürlicher Huminstoffe konnte deren chemische Struktur bislang nur in sehr begrenz-tem Umfang aufgeklärt werden. Daher werden definierte Substanzen mit relativ einfacher Struktur wie die Phenole Brenzkatechin, Pyrogallol und 2,6-Dimethylphenol verwendet. Gleichzeitig weisen sie Schadstoffcharakter auf. Als weitere Substanz, überwiegend anthro-pogenen Ursprungs, wird das Phenanthren als Vertreter der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe untersucht. Die Phenole reagieren nach der Sublimation auf die Oberfläche der Montmorillonite (SWy-2, SAz-1) unter Bildung farbiger Überzüge. Untersuchungen mit Hilfe der Feldemissionsrasterelektronenmikroskopie zeigen Oberflächenstrukturen mit einer schleierförmigen bis watteartigen Morphologie. Die Größe der Objekte reicht von wenigen hundert Nanometern bis zu mehreren Mikrometern Durchmesser. Auffallend ist die heterogene Verteilung der Objekte auf der Oberfläche, bisher wurde eine gleichmäßige Verteilung organischer Substanz bei organomineralischen Komplexen angenommen. Daraus ist zu schließen, dass der Aufbau und die Struktur der Oberfläche der Tonminerale der entscheidende Faktor der chemischen Transformation der adsorbierten organischen Verbindungen sein muss. Mit Hilfe der Röntgenmikrobereichsanalyse wurde die Verteilung der Elemente Kohlenstoff, Silizium und Eisen auf den belegten Tonmineralen analysiert. Als Ergebnisse des Elementmappings von Kohlenstoff und Silizium können die beobachteten Strukturen eindeutig organischer Natur zugeordnet werden. Die Korrelation von Organika und Eisen zeigt, dass die Adsorption organischen Materials vorrangig an Oberflächenarealen auftritt, an denen Eisen in Form von an den Tonmineralen gebundenen Fe-Oxiden oder Fe-Hydroxiden bzw. als Bestandteil der Mineralstruktur des Tons zugänglich ist. Die Sorption der Organika an das Eisen bewirkt eine chemische Transformation zu großflächigen Überzügen, die aus hochmolekularen organischen Verbindungen bestehen. Dies wurde durch Rasterelektronenmikroskopie und massenspektrometrische Untersuchungen nachgewiesen. Die Resultate dieser Analysen weisen auf Ladungstransferkomplexe zwischen Eisen und sublimierter organischer Substanz hin, die in Anwesenheit von Sauerstoff zur Entstehung organischer Radikale führen. Diese wiederum initiieren die oxidative Polymerisation von Phenolen auf der Oberfläche von Tonmineralen. Die Oxidation der Phenole zu chinoiden Verbindungen wurde durch Aldehyd- bzw. Ketogruppen (-C=O) mittels nasschemischer Nachweisreaktionen sowie infrarot- und 13C-NMR-spektroskopischer Methoden bestimmt. Daneben konnten zahlreiche weitere funktionelle Gruppen detektiert werden. Es treten Carboxylgruppen, aliphatische Alkohole und Alkene auf. Zudem kann die Polymerisation des organischen Materials durch vermehrte H-Brückenbindungen angenommen werden. Diese, bei allen untersuchten Phenolen zu beobachtende Verteilung der funktionellen Gruppen, läßt neben der Oxidation und Polymerisation der Phenole bzw. ihrer Reaktionsprodukte eine zumindest partielle Aufspaltung der aromatischen Strukturen zu aliphatischen Verbindungen erkennen. Die weitreichenden Übereinstimmungen der Infarot-Spektren von natürlichen Fulvo- und Huminsäuren mit den Spektren der extrahierten organischen Überzüge zeigen, dass Reaktionsprodukte entstanden sind, die in ihrer chemischen Zusammensetzung große Gemeinsamkeiten im Auftreten von funktionellen Gruppen aufweisen. Als charakteristische funktionelle Gruppen der Reaktion der Phenole sind Chinone, Carbonsäuren und Alkane zu nennen. Neben der Polymerisation von Aromaten treten auch Spaltprodukte aromatischer Systeme auf. Phenanthren erfährt nur in Gegenwart der Phenole eine chemische Transformation. Die verwendeten Montmorillonite verfügen über die Fähigkeit, natürliche und xenobiotische Organika chemisch zu transformieren. Darüber hinaus erfolgt eine Aktivierung chemisch reaktionsträger Verbindungen. Somit können Tonminerale einen Beitrag zur Festlegung organischer Schadstoffe in die natürliche organische Substanz des Bodens leisten. Die Genese von Huminstoffen und die Degradation von Xenobiotika kann daher nicht mehr allein auf biotische Prozesse zurückgeführt werden.
Schlagwörter: Bodenchemie; Huminstoffgenese; Tonmineral; Montmorillonit; Katalyse